„Zuhausebleiben“ wegen Corona führte mit zu Rekord bei FSME-Erkrankungen

Zecke - Bild: Strandholm via Twenty20
Zecke - Bild: Strandholm via Twenty20

Die in der Corona-Pandemie vermehrten Aufenthalte im Freiern nahe dem eigenen Wohnort haben vermehrt bei Einheimischen zur Erkrankung mit der durch Zecken übertragenen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) beigetragen. Er habe eigentlich erwartet, dass vor allem Touristen vom Rekord bei den FSME-Erkrankungen im vergangenen Jahr betroffen gewesen seien, sagte Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors für FSME am Mittwoch in Stuttgart. Dies habe sich aber nicht bestätigt.

„Wir müssen jetzt konstatieren: Es sind Personen, die nicht ausreichend geimpft sind, die aufgrund der Corona-Situation sich vermehrt in heimischen Regionen aufgehalten haben“, sagte Dobler. Im vergangenen Jahr erkrankten nach seinen Angabe 705 Menschen in Deutschland an FSME, so viele wie noch nie seit Beginn der Meldepflicht im Jahr 2001.

Mit Abstand die meisten Fälle gab es nach Angaben der Universität Hohenheim in Baden-Württemberg, wo allein 331 Menschen an FSME erkrankten, und in Bayern. Beide Bundesländer zusammen stehen laut Dobler für 90 Prozent der Erkrankungen und verzeichneten im Vorjahresvergleich einen „sehr deutlichen“ Anstieg. Auch in Thüringen und Sachsen stiegen demnach die Fallzahlen, in Hessen dagegen nahmen sie deutlich ab.

Als zweiten Effekt neben den verstärkten Aufenthalten im Freien machten die Forscher der Universität Hohenheim klimatische Gründe für den Rekord mit verantwortlich. Wegen der wärmeren Winter gehen die Zecken demnach nicht mehr wie früher in eine Ruhephase, dadurch träten die ersten FSME-Fälle auch immer früher im Jahr auf. Die Veränderung des Klimas scheine auch eine Rolle dabei zu spielen, dass FSME nun auch in höheren Lagen auftrete, sagte Dobler. Dies sei erst seit wenigen Jahren der Fall.

Wie Dobler sagte, entwickelte sich die FSME-Verbreitung im vergangenen Jahr regional in Europa unterschiedlich. In Österreich, der Schweiz und Tschechien habe es extrem hohe Fallzahlen und teils Rekorde gegeben, während in Skandinavien oder im Baltikum die Zahlen stabil geblieben oder gesunken seien.

Eine stärkere Ausbreitung stellten die Hohenheimer Forscher bei der Auwaldzecke fest, die sich in ganz Deutschland verbreite. Die Auwaldzecke ist das ganze Jahr aktiv. Sie befalle zwar Menschen nicht so gern, könne aber eine Rolle bei der Ausbreitung des FSME-Erregers spielen, erklärte Ute Mackenstedt, Zeckenexpertin der Universität Hohenheim. Im vergangenen Jahr sei zum ersten Mal bei einer Auwaldzecke in Sachsen der FSME-Erreger nachgewiesen worden.

Als eine weitere Zeckenart breite sich die vermutlich mit Zugvögeln nach Deutschland gekommene Tropenzecke Hyalomma in Deutschland aus. Diese übertrage zwar kein FSME, aber verschiedene andere Krankheiten wie Hämorrhagisches Fieber. Dies sei bereits in Spanien nachgewiesen worden, in Deutschland aber noch nicht, sagte Mackenstedt.

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