Bundesweit einheitliche Lockerungen der Corona-Regeln für Geimpfte könnten schon sehr schnell Realität werden. Die Bundesregierung will sich schon nächste Woche mit Bundestag und Bundesrat abstimmen, wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag ankündigte. Eine entsprechende Verordnung könnte abhängig vom Verlauf der Beratungen am kommenden Freitag in den Bundesrat kommen. Ein Entwurf des Bundesjustizministeriums sieht vor, dass vollständig Geimpfte von Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen ausgenommen werden. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) kritisierte das Vorpreschen zahlreicher Bundesländer.
Die Bundesregierung gehe die geplanten Regelungen „mit großem Druck und großem zeitlichen Ehrgeiz“ an, sagte Seibert. Es gehe um die grundlegende Frage, „wie lange und unter welchen Umständen die Grundrechte von Bürgern in Deutschland eingeschränkt werde können“. Diese dürften nur so lange eingeschränkt werden, wie es dafür zwingende Gründe gebe. Die Abstimmung zwischen den Ressorts über einen Verordnungsentwurf soll bis Montag abgeschlossen sein.
Der Entwurf aus dem Bundesjustizministerium sieht für vollständig Geimpfte sowie Genesene deutliche Erleichterungen vor. Für sie sollen keine Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen mehr gelten. Zudem sollen sie ohne vorherigen Test in Geschäfte oder zum Friseur gehen können, wenn dieser sonst in Städten oder Kreisen gefordert wird. Die geplante Verordnung sieht dafür eine Gleichstellung von Geimpften und Genesenen mit getesteten Menschen vor. Als vollständig geimpft gelten Menschen zwei Wochen nach der letzten Impfung – also bei drei von vier zugelassenen Vakzinen nach der zweiten Impfung.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sprach von einem „wichtigen Schritt in Richtung Normalität“. Das Grundgesetz lasse Einschränkungen der Grundrechte nur zu, „wenn es hierfür eine besondere Rechtfertigung gibt“, sagte Lambrecht den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Wenn von vollständig Geimpften und Genesenen keine besondere Gefahr mehr ausgehe, „dann müssen wir die Einschränkungen ihrer Grundrechte zurücknehmen“.
Ähnlich äußerte sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Individuelle Freiheitsrechte seien in einer freiheitlichen Grundordnung sehr stark zu gewichten, sagte Spahn beim Besuch eines Impfzentrums in Hamburg. Der Gesundheitsminister zeigte sich zuversichtlich, dass die Abstimmungen über die Verordnung schon bis zur Bundesratssitzung am kommenden Freitag abgeschlossen sein könnten. Voraussetzung sei, schnell zu Kompromissen zu kommen. Die Bundesregierung sei dazu bereit.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich signalisierte ebenfalls Bereitschaft, schnell zu einer Einigung zu kommen. „Endlich gute Zahlen beim Impfen – jetzt dürfen wir nicht zaudern, sondern müssen zügig den Weg ins normale Leben ebnen“, sagte er der „Bild“-Zeitung. An der SPD werde es nicht scheitern, eine Verordnung zu beschließen, „durch die Geimpfte und Genesene schnell Freiheitsrechte zurückbekommen“. Die Rechtsverordnung könne am Montag vom Bundeskabinett beschlossen, am Mittwoch in den Ausschüssen beraten, am Donnerstag im Bundestag und am Freitag vom Bundesrat verabschiedet werden.
Bundestagspräsident Schäuble kritisierte derweil, dass einige Bundesländer schon eigene Regeln beschlossen hatten. „Jetzt haben wir schon wieder den Zustand, dass sich eine Reihe von Ländern nicht an die Absprachen hält“, sagte der CDU-Politiker der „Augsburger Allgemeinen“. „Ein zu großes Maß an Unterschiedlichkeit kann Vertrauen zerstören.“
Unter anderem hatten Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz gegen Corona Geimpfte mit negativ getesteten Menschen gleichgestellt, andere Bundesländer planen kurzfristig ähnliche Regelungen. Zudem gibt es vielerorts Ausnahmen von Test- und Quarantänepflicht für Geimpfte.