Mit eindringlichen Worten hat Italiens Ministerpräsident Mario Draghi im Parlament für seinen Corona-Wiederaufbauplan im Umfang von über 220 Milliarden Euro geworben. Es gehe um das „Schicksal des Landes, seine Glaubwürdigkeit sowie um seinen Ruf als Mitgründer der EU und führender Akteur in der westlichen Welt“, sagte Draghi am Montag vor den Abgeordneten in Rom. Ein Großteil des Geldes soll die EU beisteuern.
Italien gehört zu den von der Pandemie am schwersten betroffenen Ländern der Europäischen Union. Nach offiziellen Angaben starben bislang mehr als 119.000 Menschen an den Folgen einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus; die Wirtschaft schrumpfte im vergangenen Jahr um 8,9 Prozent, eine Million Arbeitsplätze gingen verloren. Das Land setzt nun seine Hoffnung auf den milliardenschweren Investitionsplan, der größtenteils von der EU finanziert wird.
Der Plan werde Italien zunächst helfen, die von der Pandemie verursachten „wirtschaftlichen und sozialen Schäden zu reparieren“, sagte Draghi und kündigte insbesondere Hilfen für Frauen und junge Menschen an. Gleichzeitig aber werde er auch gegen einige „Schwächen“ angehen, die schon seit Jahren Wirtschaft und Gesellschaft belasteten, fügte er hinzu.
Zu den Prioritäten seines Plans zählte der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank Investitionen in die Infrastruktur, in grüne Energie sowie in den Ausbau des Internets und die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Etwa 40 Prozent des Geldes soll demnach dem historisch benachteiligten Süden des Landes zugute kommen.
Wie kein anderes EU-Mitglied profitiert Italien von dem 750 Milliarden Euro schweren Wiederaufbaufonds der Gemeinschaft: Von den insgesamt 222,1 Milliarden Euro kommen 191,5 Milliarden Euro in Form von Darlehen und Zuschüssen von der EU. Die restlichen 30,6 Milliarden Euro nimmt Italien zusätzlich auf.
Bis spätestens Freitag muss Italien seinen endgültigen Wiederaufbauplan in Brüssel vorlegen. Davor muss er aber noch durch das italienische Parlament.
Vor Draghis Rede beschwerten sich Abgeordnete der Opposition darüber, dass ihnen weniger als 24 Stunden für die Lektüre des über 300 Seiten umfassenden Plans der Regierung gegeben wurde. Dass sie nun über einen Plan debattieren sollen, dessen Inhalt sie kaum kennen, mache das Prinzip der parlamentarischen Kontrolle zu einem „Witz“, kritisierte der Abgeordnete Francesco Lollobrigida von der rechtsextremen Partei Fratelli d’Italia.