Ein Gipfel als Zeichen der 180-Grad-Wende in der US-Klimapolitik

Symbolbild: Klima
Symbolbild: Klima

In den Jahren unter Präsident Donald Trump hat die US-Regierung die zunehmenden Gefahren durch die Erderwärmung schlicht ignoriert. Trumps Nachfolger Joe Biden beansprucht für die größte Volkswirtschaft der Welt nun jedoch eine Führungsrolle im Kampf gegen den Klimawandel. Ein Zeichen dafür ist der virtuelle Klimagipfel mit hochkarätigen Gästen, zu dem Biden für Donnerstag und Freitag eingeladen hat.

Dass Biden es mit dem Klimaschutz ernst meint, demonstrierte er bereits an seinem ersten Amtstag im Januar, indem er die Rückkehr der USA ins Pariser Klimaabkommen veranlasste. Nun will er auf internationaler Bühne konkretisieren, wie die USA zur Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad beitragen wollen. Zugleich erhöht Biden damit den Druck auf andere große Treibhausgasemittenten.

Zu dem zweitägigen Gipfel, der am internationalen Tag der Erde beginnt, sind rund 40 Staats- und Regierungschefs eingeladen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am Donnerstag, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kann mit neuen ehrgeizigeren EU-Klimazielen vor die Teilnehmer treten. Chinas Präsident Xi Jinping will nach Angaben aus Peking eine „wichtige Rede“ halten und auch Kreml-Chef Wladimir Putin wird das Wort ergreifen.

Damit bei den Online-Beratungen etwas herauskommt, hat Biden in den vergangenen Tagen seinen Klimabeauftragten John Kerry auf Reisen geschickt. Außer Japan und Südkorea lag auch der weltgrößte Treibhausgasemittent China auf Kerrys Route und dort gelang es ihm am Wochenende, seinen chinesischen Amtskollege Xie Zhenhua für ein gemeinsames Bekenntnis zu ehrgeizigeren Klimaschutzzielen zu gewinnen. Kanada und Großbritannien machten in den vergangenen Tagen verbindliche Zusagen für mehr Engagement.

Das sind wichtige Impulse, nachdem die UN-Klimakonferenz im schottischen Glasgow wegen der Corona-Pandemie um ein Jahr auf diesen November verschoben werden musste. Bei seinem Washingtoner Gipfel will Biden Farbe bekennen, mit welchem nationalen Klimaschutzziel sein Land zur Umsetzung des Pariser Abkommens beitragen will. Schon kurz nach seinem Amtsantritt hat er das Ziel ausgegeben, die USA bis 2050 treibhausgasneutral zu machen.

Offen ist aber noch, welches Zwischenziel für 2030 Washington bei der UNO einreicht. Umweltorganisationen, aber auch einige US-Kommunen, -Bundesstaaten und Unternehmen erwarten von Biden, dass er eine Verringerung der Treibhausgasemissionen um mindestens 50 Prozent im Vergleich zu 2005 zusagt.

Die USA müssten ihr Klimaziel „substantiell“ erhöhen, mahnt auch John Podesta, der unter Präsident Barack Obama Stabschef im Weißen Haus war und heute die Denkfabrik Center for American Progress leitet. Dass Biden dazu willens ist, zeigt sein Zwei-Billionen-Dollar-Infrastrukturpaket. Darin sind deutlich über 200 Milliarden Dollar (167 Milliarden Euro) für den Ausbau erneuerbarer Energien und eine Elektromobilitätsoffensive vorgesehen.

Angesichts von Bidens Worten und Taten sei die Welt „überzeugt, dass die USA zurück sind und alles tun werden, um die verlorene Zeit in den Trump-Jahren wieder wettzumachen“, sagt Klimaexperte Alden Meyer von der Umwelt-Denkfabrik E3G. Dennoch sei nicht ausgeschlossen, dass das Land erneut eine 180-Grad-Wende in der Klimapolitik vollziehe, etwa wenn Trump 2024 noch einmal erfolgreich bei der US-Präsidentschaftswahl anträte.

Podesta betont, dass der Kampf gegen den Klimawandel unter Biden „das Herz sowohl der wirtschaftlichen als auch der diplomatischen Strategie“ sei. Allerdings sieht auch er „die Notwendigkeit, die Glaubwürdigkeit der USA zu reparieren“.

Alice Hill von der Denkfabrik Council on Foreign Relations, früher Beraterin von US-Präsident Obama, kennt die internationalen Zweifel an einem langfristigen Klimaschutzengagement der USA. „Das ist zweifellos die Frage, die ich am öftesten zu hören bekomme: ‚Wie können wir den USA vertrauen?'“, sagt Hill.

Die US-Expertin hält dem entgegen, dass Biden von sich aus den Klimagipfel einberufen habe. „Das wurde ihm nicht auferlegt. Wir können also erwarten, dass er dem Rest der Welt zeigen will, dass die USA führen können und werden.“

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