Im Streit der Unionsparteien um die Kanzlerkandidatur ist zunächst unklar, ob es noch am Sonntag eine Einigung geben könnte. Die „Bild“-Zeitung meldete am frühen Nachmittag unter Berufung auf eigene Informationen, die Konkurrenten Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) würden sich am Sonntag „wohl nicht“ in der K-Frage einigen. Laschet und Söder hatten eine Entscheidung bis Ende der Woche angekündigt.
Laschet und Söder sprachen Parteikreisen zufolge am Samstag miteinander; es drang allerdings nichts nach außen. Mehrere Unionspolitiker drangen in Zeitungsinterviews auf eine Einigung der beiden noch am Wochenende – oder spätestens Montag.
„Ich erwarte von den Parteivorsitzenden, dass sie bis morgen eine gemeinsame Lösung präsentieren“, sagte der Chef des CDU-Landesverbands Hamburg, Christoph Ploß, der „Rheinischen Post“ vom Sonntag. „Sollte es nicht zu einer Einigung kommen, kann über die Kanzlerkandidatur nur die Bundestagsfraktion als einziges gemeinsames Gremium von CDU und CSU entscheiden.“ Hier gilt Söder als Favorit.
Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) drang auf eine rasche Entscheidung. Die K-Frage solle an diesem Wochenende beantwortet werden, sagte er am Samstag dem MDR. Kretschmer sprach sich weder für Söder noch für Laschet aus – verwies allerdings darauf, dass Söder in der sächsischen CDU sehr viele Fürsprecher habe.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) forderte in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ „entschlossenes“ Handeln. Er plädierte dabei dafür, „die Auffassungen unserer Basis, also der Mandats- und Funktionsträger, der Mitglieder und der Wähler“ in die Entscheidung mit einzubeziehen. Das Führen einer Regierung sei beiden Bewerbern gleichermaßen zuzutrauen, deshalb stehe jetzt im Mittelpunkt der Diskussion, „mit welchem der beiden wir die besten Aussichten haben, den Regierungsauftrag für die nächsten vier Jahre auch tatsächlich zu erhalten“.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte am Samstag die Beteiligung der Unionsfraktion: Sie habe bei der Findung des Kanzlerkandidaten der Union „ein natürliches Mitspracherecht“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“.
Der Vize-Fraktionschef der Union, Carsten Linnemann warnte dagegen eindringlich vor einer Kampfabstimmung in der Fraktion. „Ansonsten drohen Gräben aufgerissen zu werden, die sich nur schwer wieder zuschütten lassen“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er persönlich stehe „nach wie vor“ zu Laschet, sagte Linnemann.
Auch der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl Laumann (CDU) lobte Laschet: „Auf ihn ist Verlass, er steht zu seinem Wort“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Das sei „nicht ganz unwichtig in der Politik.“
Christian Bäumler, Vize-Vorsitzender der CDU-Arbeitnehmervereinigung CDA, forderte im „Handelsblatt“ für die Zukunft ein neues Gremium zur Bestimmung des Kanzlerkandidaten. Er schlug einen „Deutschlandrat der Union“ vor. Darin sollten von den jeweiligen Parteitagen gewählte Vertreter beider Parteien den Kanzlerkandidaten aufstellen und das Programm beschließen. „Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist dieses Organ nicht, da sich dort zu viele Einzelinteressen austoben“, sagte Bäumler dem „Handelsblatt“.