Bei einem Besuch in Tripolis hat EU-Ratspräsident Charles Michel der international anerkannten Übergangsregierung Libyens seine Unterstützung ausgesprochen. „Wir werden mit der neuen Regierung zusammenarbeiten und sie unterstützen“, sagte Michel am Sonntag nach einem Treffen mit Interimsregierungschef Abdul Hamid Dbeibah. Michel stellte sich zudem hinter „den Prozess der nationalen Aussöhnung“ in dem nordafrikanischen Krisenland.
Die EU könne Libyen bei seiner wirtschaftlichen Erholung, der Organisation von Wahlen und dem „Kampf gegen illegale Einwanderung“ helfen, führte der EU-Ratspräsident aus. Die Migration nannte Michel ausdrücklich als „bedeutendes Thema“ in den Beziehungen der EU zu Libyen. Libyen ist ein wichtiges Transitland für Migranten aus Afrika und dem Nahen Osten, die über das Mittelmeer nach Europa gelangen wollen.
Für die kommenden Wochen kündigte der EU-Ratspräsident die Rückkehr eines EU-Botschafters in die libysche Hauptstadt Tripolis an. Außerdem sagte er die Belieferung des Landes mit 50.000 Corona-Impfdosen zu. Die erste Lieferung für Libyens Immunisierungskampagne waren am Sonntag 100.000 Dosen des russischen Corona-Vakzins Sputnik V.
Ende März waren Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und seine Kollegen aus Frankreich und Italien nach Libyen gereist, um Dbeibahs Übergangsregierung ihre Unterstützung zuzusichern. Die Übergangsregierung soll gemäß eines UN-Plans Wahlen am 24. Dezember vorbereiten und den zehnjährigen Konflikt in Libyen beenden. Die Bestätigung der Einheitsregierung durch das libysche Parlament Anfang März war international als großer Fortschritt im libyschen Friedensprozess bewertet worden.
Libyen ist seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 von gewaltsamen Konflikten und Machtkämpfen geprägt. Lange war das Land gespalten in eine von der UNO anerkannte Einheitsregierung in Tripolis und eine Gegenregierung in Tobruk. Die Gegenregierung wurde von General Chalifa Haftar unterstützt, dessen Truppen große Gebiete im Osten und Süden Libyens kontrollierten. Seit Oktober gilt in dem nordafrikanischen Land eine fragile Waffenruhe.
Laut dem unter UN-Vermittlung vermittelten Waffenstillstandsabkommen sollten sich ausländische Truppen und Söldner binnen drei Monaten zurückziehen. Diese Frist war im Januar verstrichen, ohne dass dies geschah. Michel verlangte am Sonntag den schnellen Abzug „aller Söldner und ausländischer Soldaten“ und Libyens Außenminister Nadschla al-Mangusch bekräftigte die Forderung.