EZB warnt vor drohender Insolvenzwelle europäischer Firmen

Gebäude der Europäischen Zentralbank (über cozmo news)
Gebäude der Europäischen Zentralbank (über cozmo news)

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat vor einer drohenden Insolvenzwelle verschuldeter europäischer Firmen gewarnt. Zwar habe „über ein Jahr an Restriktionen“ für die wirtschaftliche Aktivität bislang nicht zu einer Instabilität des europäischen Finanzsystems geführt, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB), dessen Verwaltungsrat unter dem Vorsitz von EZB-Präsidentin Christine Lagarde steht.

Jedoch sei die „Gefahr einer Insolvenzwelle“ und damit verbunden auch einer langwierigen wirtschaftlichen Erholung der Staaten groß, warnte das Gremium. Viele Firmen in der Eurozone litten stark unter den Folgen der Corona-Pandemie. Ihnen sei etwa mit öffentlichen Krediten und Kreditgarantien sowie Schuldenmoratorien geholfen worden. Die daraus resultierende hohe Überschuldung berge die Gefahr vieler Firmenpleiten.

Die Mitgliedstaaten der Währungsunion müssten sich daher auf eine Unterstützung der „Solvenz überlebensfähiger Firmen“ konzentrieren, also solcher Firmen, die nicht schon vor der Krise in finanziellen Schwierigkeiten steckten und die auch ohne öffentliche Unterstützung überleben könnten. Der ESRB rät zu einer Umschuldung und hat vor allem Unternehmen aus den besonders hart getroffenen Sektoren wie dem Gastgewerbe im Visier.

In Deutschland ist die Insolvenzantragspflicht derzeit ausgesetzt, dieses Moratorium läuft aber Ende April aus. Die Aussetzung war beschlossen worden, um Schuldnern zu helfen, die einen Anspruch auf staatliche Hilfen aus den Corona-Programmen hatten, aber noch kein Geld ausgezahlt bekamen. Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums sagte dazu am Dienstag, eine Verlängerung der Regelung sei „momentan“ nicht geplant. Es liefen aber noch Gespräche dazu.

Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, sieht einen längeren Insolvenzschutz kritisch. „Je länger die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt bleibt, desto triftiger sollten die Gründe dafür sein“, sagte er dem „Handelsblatt“.

Die Gefahr, dass Firmen durch einen längeren Insolvenzschutz am Leben gehalten werden, die eigentlich nicht überlebensfähig seien, sieht Fuest indes nicht. Auch künftig würden Restaurants und Hotels gebraucht, sagte er dem „Handelsblatt“. „Solange die Pandemie eine Rückkehr zur Normalität verhindert, ist es schwer zu sagen, welche Unternehmen eine Zukunft haben und welche nicht.“

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