Ein offenbar riesiger Betrugsfall mit Kryptowährungen sorgt in der Türkei für Aufregung. Bei Razzien in acht Städten im Land wurden am Freitag 62 Verdächtige festgenommen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Der Gründer der Plattform Thodex, Faruk Fatih Özer, sei mit zwei Milliarden Dollar (1,7 Milliarden Euro) auf der Flucht; die Staatsanwaltschaft sucht ihn mit internationalem Haftbefehl.
Sitz des Unternehmens Thodex ist Istanbul; auch dort wurden am Freitag Räume durchsucht sowie Presseberichten zufolge Computer sichergestellt. Insgesamt erließ die Staatsanwaltschaft 78 Haftbefehle. Die Behörden veröffentlichten am Freitag ein Foto von Özer bei der Passkontrolle am Flughafen von Istanbul. Er flog laut Fernsehsender HaberTürk, der sich auf Sicherheitskreise berief, nach Albanien. Anadolu berichtete, das Justizministerium habe die Auslieferung Özers in Tirana beantragt. Özer soll 27 oder 28 Jahre alt sein.
Thodex hatte den Handel am Mittwoch eingestellt und die mysteriöse Botschaft hinterlassen, das Unternehmen brauche fünf Tage, um sich um eine nicht näher beschriebene Investition zu kümmern. Presseberichten zufolge hatten fast 400.000 Menschen ihr Geld auf der Plattform angelegt – insgesamt mindestens zwei Milliarden Dollar.
Ein Anwalt von Thodex-Kunden, Oguz Evren Kilic, sagte AFP, „hunderttausende Kunden“ hätten keinen Zugriff mehr auf ihre Konten bei Thodex. Die Staatsanwaltschaft ermittle wegen „schweren Betrugs und Gründung einer kriminellen Vereinigung“.
Thodex-Gründer Özer hatte am Donnerstag auf dem Twitter-Account des Unternehmens geschrieben, er befinde sich außer Landes, um dort Investoren zu treffen. Er werde „in einigen Tagen zurückkehren und mit den Justizbehörden kooperieren, damit die Wahrheit ans Licht kommen kann“. Die Vorwürfe gegen ihn seien „haltlos“.
Digitale Währungen boomen aktuell; in der Türkei haben angesichts der hohen Inflationsrate und der schwachen Landeswährung viele ihr Geld in Kryptowährungen angelegt. Die türkische Zentralbank hatte vergangene Woche angekündigt, Zahlungen für Waren und Dienstleistungen mit virtuellem Geld sei ab dem 30. April verboten. Die Notenbank warnte vor den „großen Risiken“ digitaler Währungen.