Die Grünen entscheiden am 19. April über die Kanzlerkandidatur: An diesem Tag wollen sie bekannt geben, ob sie mit Parteichefin Annalena Baerbock oder Ko-Parteichef Robert Habeck Kurs aufs Kanzleramt nehmen wollen, wie Bundesgeschäftsführer Michael Kellner in einem am Mittwoch bekannt gewordenen Schreiben an die Landesvorsitzenden und den Parteirat mitteilte. Den Wahlkampf wollen die beiden Vorsitzenden gemeinsam als „starkes Spitzenduo“ bestreiten, kündigte Kellner an.
„Wir wollen das Land in die Zukunft führen“, schrieb der Grünen-Geschäftsführer in dem Brief an die Parteigremien. „Darum kämpfen wir für das historisch beste grüne Ergebnis aller Zeiten und die Führung der nächsten Bundesregierung.“
In den mehr als 40 Jahren ihres Bestehens hatten die Grünen noch nie einen Kanzlerkandidaten aufgestellt. Die anhaltende Stärke der Partei in den Meinungsumfragen lässt es derzeit als denkbar erscheinen, dass tatsächlich eine Grüne oder ein Grüner ins Kanzleramt einzieht.
Nach Kellners Angaben wird der Bundesvorstand den Delegierten des Bundesparteitages vom 11. bis 13. Juni vorschlagen, mit Baerbock und Habeck als Spitzenduo in den Wahlkampf zu ziehen. Einer der beiden soll zusätzlich die Kanzlerkandidatur übernehmen. Die beiden Bundesvorsitzenden hatten bereits vor den Feiertagen mitgeteilt, dass sie zwischen Ostern und Pfingsten entscheiden wollen, wer die Kandidatur übernimmt.
„Ich freue mich auf den Wahlkampf mit Euch“, schrieb Kellner in dem Brief an die Spitzengremien. „Lasst uns gemeinsam unser Land erneuern!“ Ein handlungsfähiger Staat werde ebenso gebraucht wie „eine vorsorgende, mutige Regierung, die Hoffnung gibt und heute die Weichen für ein besseres Morgen stellt“.
Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) wies darauf hin, dass die Grünen mit der raschen Klärung der Kandidatenfrage gegenüber der Union im Vorteil seien. Der Bundesvorstand werde der Partei einen geeinten Vorschlag machen, sagte Roth dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstagsausgaben). „Auch das zeigt den fundamentalen Unterschied in Form und Inhalt zur Union: In der Union erleben wir derzeit das Gegenteil, wenn die Covid-Pandemie für ein Kanzler-Battle zwischen Söder und Laschet benutzt wird.“
Roth legte sich nicht auf einen der beiden möglichen Kandidaten fest: „Beide sind jeweils die beste Wahl.“
Der ehemalige Grünen-Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit sprach sich für Habeck als Kanzlerkandidat aus. Habecks Verständnis von Macht sei verknüpft mit der Bereitschaft, eigene Positionen immer wieder zu hinterfragen, schrieb Cohn-Bendit zusammen mit dem Politologen Claus Leggewie in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“. „Deswegen halten wir ihn für den besseren Kanzlerkandidaten der Grünen.“
Allen Umfragen zufolge wäre nach der Bundestagswahl ein Bündnis aus Grünen und Union möglich, wobei die CDU/CSU derzeit die Nase vorn hat. Denkbar ist aber auch ein Dreierbündnis, insbesondere mit SPD und FDP.
In der innerparteilichen Frage der Kanzlerkandidatur überflügelte Parteichefin Baerbock einer Umfrage zufolge inzwischen ihren Ko-Vorsitzenden Habeck. In dem am Mittwoch veröffentlichten „Trendbarometer“ des Instituts Forsa für RTL und n-tv lag Baerbock erstmals in der Kandidatenpräferenz der Befragten vor Habeck.
Gegen einen Unionskandidaten Markus Söder (CSU) käme Baerbock auf 20 Prozent Zustimmung, Habeck auf 19 Prozent. Gegen einen Kandidaten Armin Laschet (CDU) würde Baerbock 23 Prozent erreichen und Habeck 22 Prozent.
Im „Trendbarometer“ kamen die Grünen auf 23 Prozent und lagen damit nur noch knapp hinter der CDU/CSU mit 27 Prozent. Die SPD erreichte 15 Prozent, FDP und AfD jeweils zehn Prozent und die Linke sieben Prozent.