Hartes Schachern im EU-Streit mit Österreich um Impfstoffdosen – Kurz handelt nun selbst

Sebastian Kurz - Bild: Dragan Tatic / Bundeskanzleramt
Sebastian Kurz - Bild: Dragan Tatic / Bundeskanzleramt

Die EU-Staaten haben kurz vor Ostern hart um eine Lösung im Streit mit Österreich und weiteren Ländern um die Verteilung von Impfstoffen gerungen. Eine Sitzung der EU-Botschafter brachte am Donnerstagvormittag den zweiten Tag in Folge keinen Durchbruch, wie Diplomaten mitteilten. Der portugiesische EU-Vorsitz unterbreitete deshalb einen veränderten Verteilungsvorschlag, der nun am Nachmittag beraten werden soll.

In dem Streit geht es um die Verteilung von zehn Millionen Impfdosen von Biontech/Pfizer, deren Lieferung auf das zweite Quartal vorgezogen werden kann. Die EU-Länder würden daraus normalerweise Impfdosen gemäß ihrer Bevölkerungszahl erhalten. Angeführt von Österreichs Kanzler Sebastian Kurz hatten ein halbes dutzend Länder jedoch gefordert, dass sie einen größeren Anteil bekommen, weil sie sich in der bisherigen Impfstoffverteilung benachteiligt sehen. 

Der portugiesische EU-Vorsitz schlug deshalb diese Woche vor, knapp 2,9 Millionen der zehn Millionen Dosen für einen Solidaritätsmechanismus für die fünf EU-Länder Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland und die Slowakei zu nutzen. Zudem sollte Tschechien zusätzlich 143.000 Dosen erhalten, damit es bis Ende Juni das Ziel erreicht, 45 Prozent seiner Bevölkerung zu impfen. Österreich hätte nichts zusätzlich bekommen.

Mit dieser Lösung waren am Mittwoch aber nicht nur Österreich, sondern auch Tschechien und Slowenien nicht zufrieden. In dem veränderten portugiesischen Vorschlag bleibt es nun dabei, dass knapp 2,9 Millionen Dosen als Solidaritätsbeitrag an die fünf Länder gehen sollen. Das Sonderkontingent für Tschechien von 143.000 Dosen wird aber zwischen Tschechien, Österreich und Slowenien aufgeteilt. 

Dies soll dazu führen, dass diese Länder letztlich wieder einen Anteil gemäß Bevölkerung von den gesamten zehn Millionen Dosen bekommen und nicht nur von den sieben Millionen Dosen außerhalb des Solidaritätsmechanimus. Österreich würde damit insgesamt rund 200.000 Dosen erhalten – deutlich weniger als die zu Beginn des Verteilungsstreits von Kanzler Kurz erhofften 400.000.

Bei anderen EU-Regierungen stößt das österreichische Vorgehen bei der Impfstoffverteilung schon seit Tagen für Kopfschütteln. „Es ist schon paradox und ein wenig traurig“, sagte am Donnerstag ein EU-Diplomat. „Jetzt hat Kanzler Kurz genau den Basar geschaffen, vor dem er ursprünglich gewarnt hat.“

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