Das Bundesverfassungsgericht hat Klagen der Bayernpartei und der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) gegen die zur Zulassung zur Bundestagswahl notwendige Zahl an Unterstützungsunterschriften verworfen. Die Anträge der beiden Parteien seien nicht ausreichend begründet, teilte das Gericht am Dienstag in Karlsruhe mit. Es wies aber darauf hin, dass die Unterschriftenquoren wegen der Pandemie überprüft werden müssen. (Az. 2 BvE 1/21 und 2 BvE 3/21)
Wenn sich Parteien zur Wahl stellen, die aktuell keine fünf Abgeordneten im Bundestag oder einem Landtag haben, müssen sie dafür bis zu 2000 Unterschriften von wahlberechtigten Unterstützern pro Landesliste und je 200 pro Direktkandidat einreichen. Die beiden Parteien argumentieren, dass dies unter Pandemiebedingungen deutlich schwieriger ist.
Sie sehen ihr Recht auf Chancengleichheit verletzt. Dabei hätten sie hinreichend erläutert, dass die geltenden Kontaktbeschränkungen die Rahmenbedingungen veränderten, erklärte das Verfassungsgericht. Es sei offenkundig, dass das Sammeln von Unterschriften erheblich erschwert sei.
Die beiden Parteien hätten jedoch nicht ausreichend begründet, dass die notwendige Unterschriftenzahl darum verpflichtend ausgesetzt oder abgesenkt werden müsse. Allerdings sei der Gesetzgeber gehalten zu prüfen, ob die unveränderte Beibehaltung dieser Quoren weiterhin erforderlich sei.
Vor anderen Wahlen in der Pandemie wurden die Zugangsvoraussetzungen für kleine Parteien bereits erleichtert. Vor der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im März beschloss der Landtag, das Quorum zu senken. Der Verfassungsgerichtshof in Koblenz wies die Klage einer kleinen Partei zur noch stärkeren Absenkung zurück.
Anders in Baden-Württemberg: Hier verpflichtete erst der Verfassungsgerichtshof in Stuttgart den Landtag dazu, das Quorum zu senken. Das Berliner Abgeordnetenhaus beschloss von selbst niedrigere Hürden für kleine Parteien vor der im September anstehenden Wahl. Der Verfassungsgerichtshof entschied hier aber, dass das Quorum noch weiter abgesenkt werden müsse.
Im Bundestag plädieren vor allem die Grünen für eine Rechtsänderung zugunsten der Kleinparteien. Auch die Unionsfraktion zeigt sich dafür offen. Schon Anfang März regte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) eine entsprechende Gesetzesänderung an.
Vor dem Bundesverfassungsgericht ist außerdem noch eine weitere Klage der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) zu dem Thema anhängig. Bayernpartei-Chef Florian Weber appellierte am Dienstag an den Bundestag, sich die Entscheidung aus Karlsruhe „zu Herzen zu nehmen und eine Neuregelung im Sinne der Chancengleichheit und des Demokratieprinzips vorzunehmen“.
Der MLPD-Pressesprecher Peter Weispfenning nannte das Bundesverfassungsgericht nach der Entscheidung einen „Hort undemokratischer Wahlbehinderungen“. Die Forderung an den Bundestag zur Änderung der Unterschriftenregelungen bleibe auf der Tagesordnung, erklärte er.