Laschet oder Söder: Showdown im Plenarsaal

Konrad-Adenauer-Haus - Bild: CDU
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Der Machtkampf zwischen Armin Laschet und Markus Söder um die Kanzlerkandidatur ist eine ernste Sache, und eine wichtige Gemeinsamkeit droht im Ringen der Parteichefs unterzugehen. Beide sind versierte Karnevalsredner – und als solche verstehen sie sich auf die Kunst des lustvollen Stichelns. Dienstagnachmittag, Kräftemessen im Plenarsaal des Reichstags: Die beiden Parteichefs werben vor den Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion für ihre Kandidaten-Ambitionen – und weisen genüsslich auf die Schwächen des anderen hin.

Der Ausgang des Duells: weiter alles offen. Söder spielt auf Laschets schwache Umfragewerte an, Laschet ruft spitzzüngig Söders politische Kehrtwenden in Erinnerung und zeigt sich genervt von dessen „One-Man-Show“ – so erfährt es die Nachrichtenagentur AFP von Teilnehmern. 

Fast vier Stunden debattieren die Abgeordneten, rund 60 von ihnen melden sich zu Wort. Eine Entscheidung fällt aber nicht, die von Söder erhoffte eindeutige Positionierung der Fraktion zu seinen Gunsten bleibt aus.

Söders Resümee: „Wir sollten die Debatte auf uns wirken lassen und dann überlegen, wie es weitergeht“ – so wird er von Teilnehmern zitiert. Laschets Lager lässt hinterher streuen, der CDU-Chef sei „sichtlich berührt“ von der Unterstützung für ihn.

Der CSU-Vorsitzende dürfte sich mehr erwartet haben von der Sitzung. Denn es war Söder, der den Showdown mit Laschet vor der Fraktion im Plenarsaal des Bundestags erzwungen hatte. In der Parteispitze der CDU hatte er am Vortag für seine angestrebte Kanzlerkandidatur nicht die erwünschte Unterstützung gefunden. 

Söders Weg zur Kanzlerkandidatur, sollte es einen solchen Weg überhaupt noch geben, führt also über die Fraktion: Denn er genießt Unterstützung auch bei Bundestagsabgeordneten der CDU. In der Sitzung am Dienstag sprechen sich nach AFP-Informationen mehrere CDU-Parlamentarier offen für Söder aus – eine „gut orchestrierte“ Aktion, wie es hinterher spöttisch aus Laschets Lager heißt.

Bereitschaft zum Einlenken im Machtkampf um die Kanzlerkandidatur zeigen in der Sitzung weder Söder noch Laschet. Laschet eröffnet die Aussprache – und schenkt dem CSU-Chef ein vergiftetes Lob: Er habe Söder dafür gewürdigt, dass er vor einigen Jahren „bei der AfD die Kehrtwende rechtzeitig geschafft“ habe, wird der CDU-Chef von Anwesenden zitiert. 

Damit spielt Laschet darauf an, dass Söder zeitweise massive Kritik an der Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin geübt hatte. Damals war ihm Anbiederung an die AfD vorgeworfen worden. 

Laschet verweist in der Sitzung auf Risiken, die nach seiner Ansicht eine Kanzlerkandidatur Söders mit sich brächte. Die Medien würden dann alle Aussagen von Söder aus vergangenen Jahren „ausgraben und ihm vorwerfen“, wird Laschet zitiert. Söder hält dagegen: Er sei die stärkere Persönlichkeit, ziehe besser in den Medien, sei populärer.

Die Sticheleien der beiden Parteichefs richten sich an eine Zielgruppe, die sich bei ihrer Präferenz für den einen oder anderen Kandidaten auch von anderen Erwägungen leiten lässt als die loyalen CDU-Spitzengremien: die CDU-Abgeordneten im Bundestag. Viele von ihnen treibt derzeit eine Frage um: Mit welchem Spitzenkandidaten habe ich mehr Chancen, mein Bundestagsmandat nach der Wahl im September zu behalten?

Söder liefert ihnen in der Sitzung die Antwort. „Wenn Umfragen lange stabil sind, wird das bei der Wahl nicht viel anders sein“, sagt der CSU-Chef laut Teilnehmern. „Umfragen spielen eine große Rolle.“

Söders Botschaft: Seine guten Umfragewerte könnten sich bei der Bundestagswahl im September auch für die CDU und ihre Abgeordneten auszahlen. Eine Entscheidung in der Fraktion kann er damit aber nicht erzwingen. „Eine Pattsituation“, so beschreibt ein Teilnehmer am Dienstagabend die aktuelle Situation im Machtkampf.

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