Die Linken-Außenpolitikerin Sevim Dagdelen hat eine härtere Gangart gegenüber der Türkei gefordert. Die Reise von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel nach Ankara an diesem Dienstag kritisierte Dagdelen in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) scharf. „Die EU-Spitzen setzen mit ihrer privilegierten Partnerschaft mit der Türkei das ganz falsche Signal“, sagte sie. Die „nachösterliche Pilgerfahrt nach Ankara“ stärke „dem Autokraten“ Recep Tayyip Erdogan den Rücken.
Mit der in Aussicht gestellten Erweiterung der Zollunion gebe die EU mit ausdrücklicher Unterstützung der Bundesregierung „Erdogan freie Hand zur weiteren Unterdrückung der Opposition sowie für seine kriegerische Außenpolitik“, kritisierte Dagdelen. Die Obfrau der Linken im Auswärtigen Ausschuss forderte „einen Stopp der privilegierten Wirtschafts-, Finanz- und Waffenhilfe für den Autokraten Erdogan“.
Wie die NOZ unter Berufung auf Angaben des Auswärtigen Amts berichtet, sitzen in der Türkei derzeit 61 Deutsche im Gefängnis. 14 von ihnen wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Weitere 62 Bundesbürger sitzen demnach derzeit wegen Ausreisesperren in der Türkei fest, 38 von ihnen ebenfalls wegen Terrorvorwürfen.
Bei den Gesprächen zwischen von der Leyen, Michel und Erdogan in Ankara soll es unter anderem um eine mögliche Verstärkung der Wirtschaftskooperation gehen. Trotz der Bedenken wegen der jüngsten innenpolitischen Entwicklungen in der Türkei hatten die EU-Staats- und Regierungschefs Erdogan bei einem Gipfeltreffen Ende März eine verstärkte Wirtschaftszusammenarbeit und finanzielle Unterstützung in Aussicht gestellt.