Die Linke im Bundestag kritisiert, dass der gesetzliche Mindestlohn auch fünf Jahre nach seiner Einführung nicht ausreichend vor Armut schütze. „In einem der reichsten Länder der Welt arbeitet ein Drittel der Beschäftigten zu Armutslöhnen“, sagte Fraktionsvize Susanne Ferschl am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP. Demnach ergab eine Abfrage der Fraktion beim Statistischen Bundesamt, dass jeder dritte Beschäftigte einen Bruttostundenverdienst von unter 13 Euro hat – „in Ostdeutschland ist es mit 44 Prozent beinahe jeder Zweite“, kritisierte Ferschl.
„Und wie zu erwarten, trifft es besonders den Bereich der geringfügig Beschäftigten: Acht von zehn bekommen einen Stundenlohn von weniger als 13 Euro“, fügte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende hinzu. Die EU-Kommission empfehle für die Höhe des gesetzlichen Mindestlohnes etwa 60 Prozent des nationalen Medianlohnes, sagte Ferschl. „Würde die Bundesregierung dieser Empfehlung folgen, müsste sie den Mindestlohn nicht auf 9,60 Euro, sondern auf 13 Euro erhöhen.“ Für die Beschäftigten sei das „ein enormer Unterschied“.
Der Bundestag befasst sich am Donnerstag mit einem Antrag der Linksfraktion, in dem unter anderem die Anhebung des Mindestlohns in einem einmaligen Schritt auf zwölf Euro und danach eine Anpassung im jährlichen Rhythmus entsprechend der Tariflohnentwicklung gefordert wird.
Von einer Anhebung des Mindestlohnes auf zwölf Euro, wie sie unter anderem auch die SPD und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordern, würden nach Angaben der Linksfraktion 26 Prozent der Beschäftigten profitieren, von einer Anhebung auf 13 Prozent hingegen 32 Prozent. Die von der Fraktion abgefragten Daten des Statistischen Bundesamtes stammen dabei aus der Verdienststrukturerhebung 2018.
Der Mindestlohn war zum Jahreswechsel von 9,35 Euro auf 9,50 Euro angehoben worden. Es ist vorgesehen, dass er danach jeweils im Sechs-Monats-Rhythmus auf 9,60 Euro, auf 9,82 Euro und schließlich am 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro ansteigt. Die Linksfraktion kritisiert, damit sei der gesetzliche Mindestlohn „weder armutsfest noch existenzsichernd“.