Ein EU-weit einheitlicher Impfausweis soll ab dem Sommer das Reisen in Europa trotz Corona-Pandemie ermöglichen. Das EU-Parlament machte am Mittwoch den Weg für finale Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten frei. Hier bahnt sich wegen Änderungsforderungen allerdings Streit an. Das Thema ist ein wichtiges Anliegen der stark vom Tourismus abhängigen Mitgliedstaaten. Ein Überblick:
Wo stehen die EU-Länder?
Griechenland und Zypern lassen auf Basis eines bilateralen Abkommens bereits geimpfte Bürger aus Israel ohne Einschränkungen ins Land. Beide Länder wollen diese Regelung auf weitere Staaten ausweiten. Die nordischen Länder planen einen Gesundheitspass, der seinen Besitzern auch auf nationaler Ebene Vorteile bringen soll. In Deutschland hat das Bundesgesundheitsministerium IBM und drei weitere Unternehmen mit der Entwicklung einer Impfpass-App beauftragt.
Was ist auf EU-Ebene geplant?
Die EU-Kommission soll im Auftrag der 27 EU-Länder dafür sorgen, dass kein Flickenteppich unterschiedlicher Dokumente entsteht. Mitte März schlug sie deshalb die gesetzliche Einführung eines sogenannten grünen Zertifikats vor: Die nationalen Behörden müssen dieses Dokument dann nach EU-einheitlichen Regeln ausstellen, die allerdings noch im Detail von EU-Parlament und Mitgliedstaaten ausgehandelt werden müssen.
Welche Informationen soll das Zertifikat enthalten?
Es soll Auskunft darüber geben, ob ein Mensch das Coronavirus weiterverbreiten kann oder zumindest wie wahrscheinlich dies ist. Neben Informationen über eine etwaige Corona-Impfung soll das Dokument deshalb auch aktuelle Testergebnisse und Angaben über eine überstandene Corona-Erkrankung enthalten.
Wie soll es aussehen?
Das Zertifikat ist in erster Linie als digitales Dokument gedacht, um es auf Mobilgeräten vorzeigen zu können. Es soll aber auch ausgedruckt werden können. Wichtig ist, dass ein QR-Code gescannt werden kann, um die Echtheit zu prüfen. Das Dokument soll in der jeweiligen Landessprache und auf Englisch ausgestellt werden. Die deutsche Impfpass-App orientiert sich nach Angaben des Gesundheitsministeriums an diesen Vorgaben.
Wofür soll es genutzt werden?
Das muss jedes EU-Land selbst entscheiden. Das EU-Parlament fordert allerdings, dass zumindest Quarantäne- und Testpflichten bei Grenzübertritten für Geimpfte, negativ Gesteste und Genesene wegfallen müssen. Die Mitgliedstaaten wollen sich das jedoch nicht vorschreiben lassen.
Die Frage, ob der Impfnachweis seinen Inhabern auch über die vorgesehenen Erleichterungen beim Reisen hinaus Vorteile bringen soll, wird nicht auf EU-Ebene geklärt. In vielen EU-Ländern gibt es derartige Pläne. Die Bundesregierung hat sich hier noch nicht endgültig festgelegt.
Welche Impfstoffe zählen?
Das EU-Parlament will, dass ausschließlich Impfungen mit von der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA oder der Weltgesundheitsorganisation WHO zugelassenen Impfstoffen in dem Zertifikat aufgeführt werden können. Das sind derzeit die Mittel von Biontech/Pfizer, Moderna, Astrazeneca und Johnson & Johnson.
Ungarn zum Beispiel verimpft aber auch das russische Vakzin Sputnik V und Impfstoffe chinesischer Produktion. EU-Kommission und Mitgliedstaaten hatten hier vorgesehen, dass es den anderen Mitgliedstaaten freistehen soll, ob sie Bescheinigungen über Impfungen mit diesen Mitteln dennoch anerkennen.
Wann kommt das Zertifikat?
Kommission, Parlament und die Bundesregierung nennen Ende Juni als frühest möglichen Zeitpunkt. Nach dem grünen Licht des Parlaments können nun die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten beginnen. Die Gespräche könnten sich wegen der unterschiedlichen Positionen in Detailfragen aber schwierig gestalten. Die technische Umsetzung soll laut Kommission parallel dazu laufen.