OECD: Deutschland muss Geringqualifizierte besser weiterbilden

Schulung / Weiterbildung
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Fast jeder fünfte Arbeitsplatz in Deutschland birgt nach Einschätzung der OECD ein hohes Automatisierungsrisiko – und könnte damit wegfallen, weil eine Maschine die Arbeit übernimmt. Nötig sei deshalb ein Weiterbildungssystem, das insbesondere die Bedürfnisse Geringqualifizierter besser berücksichtige. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erklärte, Deutschland müsse zur „Weiterbildungsrepublik“ werden.

Wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Freitag mitteilte, hat Deutschland im Vergleich der 37 Mitgliedstaaten mit 18 Prozent einen „recht großen Anteil von Arbeitsplätzen mit hohem Automatisierungsrisiko“. Weitere 36 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland würden sich in den kommenden 15 Jahren wahrscheinlich stark verändern. „Gleichzeitig werden viele neue Jobs entstehen.“

Weiterbildung in allen Formen – von Aufbaustudiengängen über Lehrgänge bis hin zum Lernen von Kolleginnen und Kollegen – sei daher essenziell, „um Menschen auf diese Veränderungen vorzubereiten“, erklärte die OECD. Zugleich werden einer Studie der Organisation zufolge „in Deutschlands insgesamt leistungsstarkem Bildungssystem ausgerechnet diejenigen oft nur schwer von Weiterbildungsangeboten erreicht, die besonders davon profitieren würden“. Dazu gehörten Erwachsene in Berufen mit hohem Veränderungs- oder Automatisierungsrisiko, Erwachsene mit geringen Grundkompetenzen, Geringverdienende und Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen.

Diese Tendenz gebe es zwar in allen OECD-Ländern. „Im Vergleich zu anderen leistungsstarken Mitgliedsländern ist die Weiterbildungsteilnahme in Deutschland jedoch besonders ungleich verteilt“, erklärte die Organisation.

Die OECD rät deshalb, die Ansprüche auf Bildungszeiten einheitlich zu regeln, finanzielle Anreize zu bündeln und die Möglichkeiten zur Anerkennung „nicht-formal“ erworbener Fähigkeiten zu verbessern. Außerdem empfiehlt die Studie, Konzepte und Kampagnen zu entwickeln, die „gezielt Menschen mit geringen Grundkompetenzen ansprechen“. Denn diese Gruppe suche seltener aktiv nach Weiterbildungsmöglichkeiten und sei auch durch Informationskampagnen oft nur schwer für Weiterbildung zu gewinnen. Bund und Länder sollten deshalb in einer gemeinsamen Initiative kostenlosen oder kostengünstigen Zugang zu Lernangeboten im gesamten Bundesgebiet schaffen.

Arbeitsminister Heil erklärte, Qualifizierung für Erwachsene solle „genauso normal und selbstverständlich werden wie es heute ein Schulabschluss ist“. Sein Ziel sei, dass Deutschland zur Weiterbildungsrepublik werde – „damit die Beschäftigten von heute die Arbeit von morgen machen können“.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) bezeichnete berufliche Weiterbildung als „Schlüssel für den Erhalt unserer Wettbewerbsfähigkeit und der Innovationskraft unseres Landes“ und eine „absolute Notwendigkeit für Betriebe sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“. Die Empfehlungen der OECD sollten nun geprüft und, „wo passfähig und sinnvoll“, aufgegriffen werden.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi mahnte, Deutschland dürfe sich „enorme Defizite“ in der beruflichen Weiterbildung nicht länger leisten. Zu begrüßen sei die Empfehlung der OECD, in Deutschland ein Bundesweiterbildungsgesetz zu schaffen. Ihre blockierende Haltung aufgeben müssten hier nun die Arbeitgeber, forderte Vorstandsmitglied Sylvia Bühler.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Jens Brandenburg mahnte, der Zugang zu Weiterbildung dürfe nicht an finanziellen Hürden scheitern. „Auch die alleinerziehende Mutter muss sich Bildungszeiten leisten können“, kommentierte der Fraktionssprecher für lebenslanges Lernen die OECD-Analyse. Ein „Midlife-Bafög“ solle Menschen in der Mitte des Lebens unterstützen, in ihre Weiterbildung zu investieren.

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