Rufe nach Polizeireformen in den USA werden nach Urteil in Floyd-Prozess lauter

Flagge der USA - Bild: pednaa via Twenty20
Flagge der USA - Bild: pednaa via Twenty20

Nach dem Schuldspruch im George-Floyd-Prozess werden in den USA die Rufe nach tiefgreifenden Reformen bei der Polizei lauter. Der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, pochte am Mittwoch auf ein Gesetz, um „systemische Voreingenommenheit bei der Polizei zu beenden“. Das Justizministerium leitete derweil eine umfassende Untersuchung zu möglichen Missständen bei der Polizei in Minneapolis ein, wo Floyd am 25. Mai 2020 von einem weißen Beamten getötet worden war.

Der nach Floyds Tod aus dem Polizeidienst entlassene Derek Chauvin war am Dienstag von einer Geschworenen-Jury in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen worden. Das Strafmaß gegen den 45-Jährigen unter anderem wegen Mordes zweiten Grades soll in rund zwei Monaten verkündet werden. Chauvin droht eine langjährige Gefängnisstrafe.

Der Urteilsspruch wurde von Floyds Familie, Bürgerrechtsaktivisten und zahlreichen Politikern mit großer Erleichterung aufgenommen. „Der Familie von George Floyd ist endlich schmerzhaft verdiente Gerechtigkeit widerfahren“, erklärte der Anwalt der Familie, Ben Crump, und sprach von einem „Wendepunkt der Geschichte“.

Zugleich forderten Crump und andere Bürgerrechtler entschiedene Maßnahmen im Kampf gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze. Kritiker beklagen eine systematische Diskriminierung von Afroamerikanern durch die Polizei in den USA, wo tödliche Polizeieinsätze gegen Schwarze und andere Minderheiten immer wieder für Empörung sorgen. Sie befürchten, dass der Schuldspruch gegen Chauvin von der Notwendigkeit solcher Reformen ablenken könnte.

Präsident Joe Biden warnte noch am Dienstagabend, der Schuldspruch gegen Chauvin sei zwar „ein Schritt nach vorn“, aber „nicht genug“. „Wir müssen systemischen Rassismus und die Ungleichbehandlung von Minderheiten bei Polizei und Justiz anerkennen und ihnen entschieden entgegentreten.“ Der Präsident forderte insbesondere den Kongress auf, einen nach Floyd benannten Gesetzentwurf zu umfassenden Reformen bei der Polizei rasch zu verabschieden.

Der Text sieht unter anderem ein Verbot von Würgegriffen bei der Polizei, eine bessere Ausbildung und eine Einschränkung der sogenannten qualifizierten Immunität vor, die Zivilklagen von Opfern von Polizeigewalt erschwert. Der Gesetzentwurf hat zwar das Repräsentantenhaus passiert, nicht aber den Senat, in dem Bidens Demokraten seit diesem Jahr eine hauchdünne Mehrheit haben.

Senats-Mehrheitsführer Schumer erklärte eine Verabschiedung des Textes am Mittwoch zur Priorität. „Wir sollten nicht den Fehler begehen, einen Schuldspruch in diesem Fall (Floyd) als Beweis dafür zu sehen, dass das anhaltende Problem von Polizei-Fehlverhalten gelöst wurde“, sagte der Demokrat. „Wir werden nicht ruhen, ehe der Senat nicht ein starkes Gesetz verabschiedet, um die systemische Voreingenommenheit bei der Polizei zu beenden.“ Bei den Republikanern stoßen weitgehende Polizeireformen allerdings auf Widerstand.

Die Biden-Regierung setzte derweil einen Tag nach dem Floyd-Urteil ein weiteres Signal: Justizminister Merrick Garland gab die Einleitung einer Untersuchung zu den Polizeipraktiken in Minneapolis bekannt. Dabei solle geprüft werden, ob es bei der Polizeibehörde der Stadt im Bundesstaat Minnesota „ein Muster oder eine Praxis verfassungswidriger oder gesetzwidriger Polizeiarbeit“ gebe.

Zentrale Fragen seien, ob die Polizei „exzessive Gewalt“ anwende oder bestimmte Gruppen diskriminiere, sagte Garland. Die Untersuchung wird eine „umfassende Untersuchung der Regeln, der Ausbildung, der Beaufsichtigung und der Ermittlungen zum Einsatz von Gewalt bei der Polizeibehörde von Minneapolis umfassen“.

Derweil sorgten tödliche Polizeischüsse auf eine 16-jährige Afroamerikanerin im Bundesstaat Ohio für Aufsehen. Ein Beamter erschoss am Dienstag in der Stadt Columbus die Jugendliche, als diese mit einem Messer auf zwei andere Jugendliche losging, wie Aufnahmen der Körperkamera des Polizisten zeigen. Die Behörden wollten „transparent mit dem Vorfall“ umgehen, sagte Columbus‘ Polizeichef Michael Woods.

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