Russlands Verfassungsgericht fordert strengere Bestrafung von häuslicher Gewalt

Symbolbild: Gewalt - Bild: gballgiggs via Twenty20
Symbolbild: Gewalt - Bild: gballgiggs via Twenty20

Das russische Verfassungsgericht hat am Freitag eine strengere Bestrafung von häuslicher Gewalt angemahnt. Das Gericht kritisierte die derzeitigen Strafen für Wiederholungstäter sowie den Schutz der Opfer als unzureichend und forderte eine Änderung des Strafgesetzbuches. Nach Angaben von Aktivisten sind in Russland jedes Jahr fast 16,5 Millionen Frauen von häuslicher Gewalt betroffen.

Nach Ansicht der Richter verstößt das derzeitige Gesetz gegen die Verfassung. Russland hatte im Jahr 2017 bestimmte Formen der häuslichen Gewalt entkriminalisiert – sie werden seitdem als Ordnungswidrigkeit und nicht mehr als Verbrechen eingestuft. Verhängt werden meist nur Geldbußen, selbst bei Wiederholungstätern.

Das Urteil des Verfassungsgerichts ist nicht anfechtbar. Angerufen wurde es von einer Frau, die von ihrem Bruder immer wieder geschlagen worden war. Der Mann war 2019 für schuldig befunden worden, musste jedoch nur hundert Sozialstunden ableisten.

In Russlands noch immer patriarchalisch geprägter Gesellschaft findet eine öffentliche Diskussion über häusliche Gewalt kaum statt. Die Politikerin Oxana Puschkina, eine der wenigen, die sich für das Thema einsetzt, schätzte 2019, dass etwa 80 Prozent der russischen Familien davon betroffen sind.

Menschenrechtsaktivisten werfen der russischen Polizei seit Jahren vor, Fälle häuslicher Gewalt häufig nicht zu verfolgen. Frauen, die sich mit Gewalt zur Wehr setzen, drohen hingegen harte Strafen.

Zuletzt war im Jahr 2019 ein Gesetzentwurf, der härtere Strafen für Ersttäter vorsah, von zahlreichen konservativen Gruppen und Organisationen, einschließlich der orthodoxen Kirche, verhindert worden. 

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