Saarland beginnt mit Corona-Modellversuch – Hans verteidigt Konzept

Tobias Hans - Bild: Staatskanzlei/JJ
Tobias Hans - Bild: Staatskanzlei/JJ

Bei kühlem und regnerischem Wetter hat das Saarland am Dienstag seinen Corona-Modellversuch, das sogenannte Saarland-Modell, gestartet. Verschiedene Bereiche dürfen in dem Bundesland unter bestimmten Bedingungen wieder öffnen. Wer in der Landeshauptstadt Saarbrücken unterwegs war, hatte ein Lächeln im Gesicht – aber auch die Sorge, dass bald wieder geschlossen werden müsste.

„Es ist der erste Tag, an dem man wieder ein bisschen Freiheit genießen kann“, sagte der 27-jährige Jonas, der gerade einen negativen Test gemacht hatte, der Nachrichtenagentur AFP. Auch der 35-jährige Frank versicherte, er habe sich am Morgen als erstes testen lassen: „Wir wollen natürlich, dass die Pandemie trotzdem zurückgeht.“

Die neuen saarländischen Regelungen sehen vor, dass Restaurants und Cafés ihren Außenbereich wieder öffnen dürfen, wenn Gäste vorher reservieren und die Kontakte nachverfolgt werden können. Auch Theater, Kinos und Fitnessstudios dürfen wieder aufmachen – Besucher müssen allerdings einen aktuellen negativen Schnelltest vorlegen und ihre Kontaktdaten angeben. 

Zudem werden die Kontaktbeschränkungen gelockert. So dürfen sich draußen wieder bis zu zehn Menschen treffen, wenn alle negativ getestet wurden. Je nach Inzidenz können aber bestimmte Regeln verschärft werden, bei drohender Überlastung des Gesundheitswesens soll das Land in den Lockdown gehen. 

Die Grundidee, in Verbindung mit Tests zu öffnen, finde er gut, sagte Timo Schmidt, der in Saarbrücken vier Kneipen und eine Diskothek besitzt. Er glaube aber, dass es zu früh sei, um wirklich nachhaltig öffnen zu können. „Ich denke, dass wir noch mal schließen müssen.“

Die Gefahr bestehe, dass wieder geschlossen werden müsse, sagte Aron Wilke, der in Saarbrücken das Fitnesstudio „Day Night Sports“ leitet. Doch: „Viele Kunden freuen sich, dass sie wieder trainieren können.“

Die Unvorhersehbarkeit der Entwicklung thematisierte auch der Hauptgeschäftsführer des deutschen Städtebunds, Helmut Dedy. Er sagte am Dienstag im RBB-„Inforadio“, bei den Öffnungen machten nur 40 Prozent der Gastronomen mit. Denn es fehle ihnen die Perspektive – die gebe es nur mit einem harten Lockdown. 

Bei der Ankündigung vor knapp zwei Wochen hatte das Saarland-Modell deutliche Kritik auf sich gezogen, unter anderem vom Ärzteverband Marburger Bund. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte damals, die Bedingungen für ein solches Vorgehen seien angesichts steigender Corona-Inzidenzwerte „nicht gegeben“.

Auch am Dienstag gab es Kritik. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach im „Frühstart“ von RTL und n-tv von einem „falschen Signal“. Ein nun beginnender Lockdown sei nicht vermittelbar, wenn gleichzeitig in Modellprojekten gelockert werde. Erst nach einer Woche sinkender Zahlen könnte es Lockerungen geben. „Das Ziel muss es sein, mit dem R-Wert stabil unter eins zu kommen“, sagte Lauterbach.

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) verteidigte das Modell in der „Bild“-Zeitung (Mittwochsausgabe). „Die wenigen und vorsichtigen Öffnungen im Saarland sind alle an negative Tests geknüpft“, sagte er der Zeitung. „Wir machen da keine Lockerungsübungen.“  

Die Infektionszahlen steigen im Saarland derzeit. Am Montag, dem aktuellsten Meldetag, wurde eine Sieben-Tage-Inzidenz von 91,3 gemeldet. Das war eine Steigerung im Vergleich zum Sonntag, als die Inzidenz noch bei 88,2 lag. 

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