Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz will die Bundesregierung rasch ein neues Gesetz auf den Weg bringen. Wie Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitag erklärte, vereinbarte er mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), „dass das neue Klimaschutzgesetz in dieser Legislaturperiode kommt“. Das Bundesverfassungsgericht hatte am Donnerstag entschieden, dass im deutschen Klimaschutzgesetz ausreichende Vorgaben für die Minderung der CO2-Emissionen ab 2031 fehlen.
Den Karlsruher Richtern zufolge ist das Gesetz teilweise verfassungswidrig, weil Lasten auf die Zeit nach 2030 verschoben und so Freiheitsrechte der jüngeren Generation verletzt würden.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Entscheidung sei ein „großer Erfolg für die jungen Menschen, die geklagt haben, aber auch für die jungen und nachfolgenden Generationen darüber hinaus“. Mit dem Urteil ergebe sich „eine Chance auf bessere Planbarkeit“. Die Bundesregierung werde „alles daran setzen, noch in dieser Legislaturperiode einen Gesetzesvorschag zu machen, um die Kernpunkte des Urteils umzusetzen“, sagte Seibert weiter. Kommende Woche werde darüber beraten.
Scholz betonte: „Beim Klimaschutz muss schnell mehr passieren, damit wir vor 2050 klimaneutral werden.“ Er werde zusammen mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) zügig einen Vorschlag vorlegen. „Damit schützen wir unsere Lebensgrundlagen und schaffen Planungssicherheit für die Unternehmen.“ Klimaschutz sei die wichtigste Aufgabe unserer Zeit. „Bremser und Blockierer haben nichts mehr zu sagen, es geht jetzt ums Handeln“, betonte der Vizekanzler.
Schulze hatte am Donnerstagabend in den ARD-„Tagesthemen“ gesagt, sie sei „bereit, ein Gesetz vorzulegen“. Die Ministerin fügte hinzu, sie sei gespannt, „ob die Union da mitgeht“. Die SPD-Politikerin gab dem Regierungspartner CDU/CSU die Schuld, dass nicht weiter geplant werden konnte. „Es war nicht möglich, ein Ziel umzusetzen für 2040 mit der Union“, sagte Schulze.
Scholz hielt derweil steigende CO2-Preise längerfristig für möglich. Wenn die Emissionsziele als Reaktion auf das Karlsruher Urteil ehrgeiziger gestaltet werden, „führt das entweder zu höheren Investitionen der Industrie, um diese Ziele zu erreichen, oder zu höheren CO2-Preisen“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Freitag. Seit Anfang des Jahres gilt ein CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne Kohlendioxid. Bis zum Jahr 2025 soll der Preis schrittweise auf bis zu 55 Euro steigen.
Unionsfraktionsvize Andreas Jung (CDU) forderte, den Klimaschutz zum Schwerpunkt im Wahlprogramm von CDU und CSU zu machen. „Wir müssen jetzt konsequent nachlegen“, sagt der CDU-Politiker der „Augsburger Allgemeinen“. „Was kurzfristig geht, muss noch von dieser Regierung auf den Weg gebracht werden“, betonte Jung. „Und dann muss ein strikt auf Innovationen abzielendes glaubwürdiges Gesamtkonzept zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels und der Klimaneutralität sehr konkret in unser gemeinsames Regierungsprogramm.“
Die Grünen kritisierten die Reaktion von SPD und CDU auf das Karlsruher Urteil: „Es ist schon irritierend, dass plötzlich das halbe Bundeskabinett dieses Urteil begrüßt, in dem ihr eigenes Klimaschutzgesetz als verfassungswidrig kritisiert wird“, sagte die klimapolitische Sprecherin der Grünen, Lisa Badum, der „Augsburger Allgemeinen“. „Diese Scheinheiligkeit ist peinlich und zeigt, dass wir dringend eine echte Klimaschutzregierung brauchen.“