Steinmeier ruft angesichts von Gewalt gegen Kommunalpolitiker zu Gegenwehr auf

Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland - Frank-Walter Steinmeier - Bild: Bundespräsidialamt

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Gesellschaft angesichts zunehmender Angriffe auf Kommunalpolitiker zur Gegenwehr aufgerufen. „Der Hass bricht sich täglich Bahn, persönlich oder digital“, sagte Steinmeier am Donnerstag in Berlin. Die Angriffe seien „seitenlang begründet oder erschreckend kurz mit Worten wie: ‚Verrecke!'“, beklagte Steinmeier. Über die Hälfte der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Deutschland sind einer Umfrage zufolge schon einmal beleidigt, bedroht oder tätlich angegriffen worden.

Die kommunale Ebene sei „durch ihre Bürgernähe besonders exponiert“, sagte der Bundespräsident. „Gegenwehr ist leider bitter nötig.“ Steinmeier äußerte sich bei der Freischaltung des Internet-Portals „Stark im Amt“, an das sich bedrohte Kommunalpolitikerinnen und -politiker wenden können.

Die registrierten Angriffe auf Amts- und Mandatsträger insgesamt hätten sich in den vergangenen drei Jahren verdoppelt, betonte der Bundespräsident. „Vom Querdenker bis zur wütenden Anwohnerin, die ein Bauvorhaben verhindern möchte, läuft in den Rathäusern alles auf – von rechts, von links, aus der Mitte.“

Das Phänomen stelle eine Bedrohung der Demokratie dar, warnte Steinmeier. „Wenn sich Bürgermeister oder Gemeinderatsmitglieder vor bestimmten Themen fürchten, dann geraten Debatten und Entscheidungsprozesse in Schieflage“, sagte er. „Und wenn sich qualifizierte Kandidatinnen und Kandidaten in den Kommunen gar nicht zur Wahl stellen, weil sie selbst oder ihre Familien bedroht werden, dann entstehen Lücken.“

Die ganze Gesellschaft sei gefragt, sich gegen diese Entwicklung zu wehren. Die Plattform „Stark im Amt“ wurde vom deutschen Städtetag und der Körber-Stiftung gefördert. Sie bietet Rat und Unterstützung für Betroffene.

Von Hass und Gewalt betroffen sind laut einer am Donnerstag vorgestellten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa 57 Prozent der Bürgermeister. Aus Sorge um die eigene Sicherheit oder die der Familie hätten bereits 19 Prozent der Befragten über einen Rückzug aus der Politik nachgedacht.

Der Umfrage zufolge änderten 68 Prozent der Bürgermeister aus Angst vor Hass und Gewalt ihr eigenes Verhalten. Mehr als ein Drittel verzichte mittlerweile weitgehend auf die Nutzung sozialer Medien. Fast ein Drittel äußert sich demnach seltener zu bestimmten politischen Themen als früher.

In größeren Gemeinden erstatteten 57 Prozent der Bürgermeister schon einmal Anzeige wegen der erlebten Hass- und Gewalterfahrungen. 18 Prozent gaben an, die Vorfälle nicht zur Anzeige gebracht zu haben und das auch künftig nicht tun zu wollen.

Die Beleidigungen und Bedrohungen finden laut Umfrage zu etwa 39 Prozent in persönlichen Botschaften wie E-Mails, Briefen oder Faxen statt. Angriffe bei direkten Begegnungen oder in sozialen Medien machten jeweils einen Anteil von 35 Prozent aus. Ein Viertel aller Betroffenen berichtete demnach auch von Anfeindungen und Bedrohungen gegenüber nahestehenden Menschen aus dem privaten oder familiären Umfeld.

Für die Erhebung befragte Forsa im Auftrag der Körber-Stiftung 1641 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Anlass war die Einführung des Internetportals „Stark im Amt“ für von Hass und Gewalt betroffene Lokalpolitiker.

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