Der Thüringer Verfassungsschutz hat eine bundesweite Beobachtung der sogenannten Querdenken-Bewegung gefordert. Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer sprach sich am Donnerstag im ARD-Magazin „Kontraste“ dafür aus, die Bewegung als Verdachtsfall einzustufen. „Wir haben es mit einer Bestrebung zur Diffamierung und Delegitimierung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der Institutionen dieses Staats zu tun“, sagte Kramer. Es gebe hinreichende Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung.
Durch eine Einstufung als Verdachtsfall wäre der Einsatz geheimdienstlicher Mittel wie die Anwerbung von V-Leuten zulässig. Bislang werden Teile der Corona-Protestbewegung nur in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und seit kurzem auch in Berlin vom Verfassungsschutz beobachtet.
Eine Einstufung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz steht noch aus. Kramer rechnet damit aber „in Kürze“. Gleichzeitig kritisierte er den polizeilichen Umgang mit den Corona-Protesten als „Bankrotterklärung des staatlichen Sicherheitsmonopols“.
Zuletzt hatten in Kassel und Stuttgart zehntausende Menschen unter Missachtung der Auflagen zum Infektionsschutz demonstriert. „Wenn Auflagen ausgesprochen werden, aber niemand dafür da ist, diese Auflagen auch durchzusetzen, dann können wir im Grunde nur noch sagen: Wir kapitulieren als Rechtsstaat“, sagte der Verfassungsschutzchef.
Ähnlich äußerte sich der Präsident des Deutschen Städtetags, der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD). Der Staat mache sich „unglaubwürdig, wenn er Regeln aufstellt, die nicht durchgesetzt werden“. „Wir müssen hier viel klarer Kante zeigen“, sagte Jung dem ARD-Magazin. Andernfalls drohe die Akzeptanz für die Einhaltung der Corona-Regeln auch in der übrigen Bevölkerung zu schwinden.