US-Anwälte sehen „schwere Verantwortung“ Frankeichs beim Völkermord in Ruanda

Justitia - Bild: axel.bueckert via Twenty20
Justitia - Bild: axel.bueckert via Twenty20

Ein von der ruandischen Regierung beauftragtes US-Anwaltsbüro hat Frankreich eine „schwere Verantwortung“ für den Völkermord bescheinigt, der 1994 in Ruanda begangen wurde. In einem am Montag veröffentlichten 600-Seiten-Bericht kommen die Anwälte der Kanzlei Levy Firestone Muse zu dem Schluss, dass Frankreich ein „unverzichtbarer Kollaborateur“ der Hutus gewesen sei, die damals den Völkermord an der Minderheit der Tutsi und an gemäßigten Hutu begangen hätten. Bei dem Genozid wurden nach UN-Angaben mehr als 800.000 Menschen umgebracht.

Der Völkermord sei „vorhersehbar“ gewesen, heißt es in dem Muse-Bericht. Die Regierung in Paris sei diesen Vorgängen gegenüber nicht „blind“ gewesen – wie es kürzlich eine Kommission französischer Historiker unter der Leitung von Vincent Duclert formuliert hatte. Die Regierung in Frankreich habe gewusst, dass ein Völkermord bevorstehe und habe dennoch an ihrer „unerschütterlichen Unterstützung“ für die Hutus um den ruandischen Präsidenten Juvénal Habyarimana festgehalten. Der Muse-Bericht fußt auf mehreren Millionen Seiten Dokumenten und Berichten von 250 Zeugen.

In dem Muse-Bericht wird keine direkte Beteiligung von Vertretern des französischen Staates an den Massakern aufgezeigt. Im Duclert-Bericht wurde eine „schwere“ Verantwortung Frankreichs für den Völkermord angeprangert. Zugleich hieß es dort, es gebe keinen Beleg dafür, dass Frankreich sich der Komplizenschaft schuldig gemacht habe.

Der Völkermord setzte ein, als Habyarimana am 7. April 1994 bei einem Anschlag auf sein Flugzeug ums Leben kam. Laut dem Muse-Bericht arbeitete kein Land so eng mit der Hutu-Führung zusammen wie Frankreich unter dem damaligen Präsidenten François Mitterrand. Frankreich sei in der damaligen Lage „unverzichtbar“ bei der Vorbereitung des Völkermordes gewesen, kein anderes Land sei über die Gefahren informiert gewesen, die von den ruandischen Extremisten ausgingen.

Im Muse-Bericht wird Frankreich angekreidet, sich niemals für seine Rolle in dem Völkermord entschuldigt zu haben. Vielmehr werde seit 25 Jahren eine „Operation der Verschleierung“ geführt, um diese Vergangenheit in Vergessenheit geraten zu lassen.

Am 7. April wurde von Frankreich die Öffnung wichtiger Archivbestände angekündigt, darunter aus den Beständen Mitterrands. Dies wird im Muse-Bericht als mögliche „Entwicklung Richtung Transparenz“ begrüßt.

Das französische Präsidialamt erklärte am Montag, die jüngsten Entwicklungen öffneten einen „neuen politischen Raum“, um sich der „gemeinsamen Zukunft“ anzunähern. Dabei verwies das Präsidialamt auf Äußerungen des ruandischen Außenministers Vincent Biruta, der in der Tageszeitung „Le Monde“ eine juristische Aufarbeitung der Vorgänge von 1994 ausgeschlossen hatte.

Biruta sagte, aus dem Muse-Bericht ergebe sich, dass Frankreich einen Völkermord ermöglicht habe, der vorhersehbar gewesen sei. Zugleich denke er, dass Frankreich „nicht an der Planung des Völkermords beteiligt“ gewesen sei und dass Franzosen sich nicht an den Massakern beteiligt hätten. Der Muse-Bericht werde zur „Aussöhnung zwischen Frankreich und Ruanda“ beitragen, fügte Biruta hinzu.

Der französische Präsident Emmanuel Macron will am 18. Mai seinen ruandischen Kollegen Paul Kagamé in Paris treffen. Nach Angaben des Präsidialamtes will er noch im Laufe des Jahres nach Ruanda reisen.

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