Bob Dylan: Geburtstag einer rätselhaften Musiklegende

Bob Dylan kann sich über seine erste Nummer eins in Deutschland freuen - Sony Music

Es müssen frustrierende Zeiten für Bob Dylan sein. Wegen der Corona-Pandemie musste der Folkmusiker seine „Never Ending Tour“ unterbrechen, die ihn seit den 80er Jahren um die Welt geführt hatte. Doch von Dylans unerschöpflicher Schaffenskraft im hohen Alter zeugt sein 39. Studioalbum „Rough and Rowdy Ways“, das er im vergangenen Sommer veröffentlichte. Am Montag wird der ebenso rätselhafte wie legendäre Sänger 80 Jahre alt – und seinen Fans hat er eine Rückkehr auf die Bühne versprochen.

Dylan gehört zu jener Garde von Altrockern, die einfach immer weitermachen. Doch unter den Überlebenden seiner glorreichen Generation ist er wohl derjenige, der sich am wenigsten um den Ruhm früherer Tage – um den Ruhm überhaupt – schert. Wer auf seinen Konzerten eine Zusammenstellung der alten Hits hören will, wird enttäuscht. Wenn er seine Klassiker spielt, dann in abgewandelten Varianten.

„Meine Songs sind meine persönliche Musik – es sind keine gemeinschaftlichen Veranstaltungen“, sagte er einmal dem Magazin „Rolling Stone“. „Ich schreibe keine Songs fürs Lagerfeuer.“ Diese Aussage des Folk-Poeten, dessen Songs bis heute zum festen Lagerfeuer-Repertoire gehören, mag verblüffen – doch Dylan war schon immer ein Künstler, der mit Brüchen und Wendungen zu schockieren pflegte.

Als Nobody war der im Bundesstaat Minnesota im Mittleren Westen als Robert Allen Zimmerman geborene Gitarrist mit dem näselnden Singsang Anfang der 60er Jahre nach New York gekommen, um innerhalb kürzester Zeit die Folkszene aufzumischen. Mit Songs wie „Blowin‘ In The Wind“ und „The Times They Are A-Changin'“ stieg er zu einer Ikone der Bürgerrechts- und Friedensbewegung auf.

Doch dann leistete er sich das Unerhörte: Beim Newport-Folkfestival 1965 zückte Dylan die elektrische Gitarre, ein Affront gegenüber den eingefleischten Folkfans, für den er ausgebuht wurde. Dem Pionier war’s egal – er war in die neue Dimension des Folk-Rock vorgestoßen.

Ein schwerer Motorradunfall zwang Dylan ab 1966 zu einer längeren Schaffenspause. Nicht alle seine Alben in den Jahren danach erreichten früheres Niveau. Und wieder verstörte er viele, als er sich Ende der 70er Jahre plötzlich als „wiedergeborener Christ“ bezeichnete und Alben mit christlichen Botschaften herausbrachte.

Bis heute ist der Oscar-Gewinner und zehnfache Grammy-Sieger eine verschlossene und rätselhafte Gestalt geblieben. Interviews gibt er selten, und auf der Bühne kommuniziert er nur minimal mit dem Publikum.

Als Dylan 2016 als erster Musiker überhaupt mit dem Literaturnobelpreis geadelt wurde, reagierte er mit tagelangem Schweigen und kündigte erst zwei Wochen später an, die Ehrung anzunehmen. Dann dauerte es sechs weitere Monate, bis Dylan den Preis in Stockholm unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Empfang nahm.

Im vergangenen Juni brachte Dylan mit „Rough and Rowdy Ways“ dann nach mehreren Cover-Alben sein erstes Album mit eigenen Stücken seit acht Jahren heraus. Auf der Platte, die begeisterte Kritiken erntete, befasst sich der Sänger auch mit dem Sterben. „Ich schlafe mit dem Leben und dem Tod im selben Bett“, singt er im ersten Song „I Contain Multitudes“.

Dass es dabei um seinen eigenen Tod gehen könnte, wies Dylan aber zurück. „Jedes menschliche Wesen, egal wie stark oder mächtig, ist schwach, wenn es um den Tod geht“, sagte er der „New York Times“. „Ich denke darüber ganz grundsätzlich nach, nicht persönlich.“

Als Musiklegende ist Dylan ohnehin unsterblich. Das lässt sich auch finanziell messen: Im Dezember sicherte Universal Music sich die Rechte an allen seinen Songs. Der Kaufpreis soll 300 Millionen Dollar betragen haben.

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