Britischer Gesundheitsminister Hancock verteidigt Vorgehen gegen indische Virus-Variante

Matt Hancock - Bild: Andrew Parsons / No 10 Downing Street
Matt Hancock - Bild: Andrew Parsons / No 10 Downing Street

Deutsche und andere europäische Urlauber können diese Woche wieder nach Portugal reisen, die Franzosen freuen sich auf weitere Corona-Lockerungen und auch England, Schottland und Wales setzen ihre nächste Stufe zur kompletten Aufhebung der Corona-Beschränkungen um. Gleichzeitig aber wächst in Großbritannien die Sorge, die Ausbreitung der indischen Virusvariante könnte den Fahrplan für die Öffnungen gefährden. London wies am Sonntag Vorwürfe zurück, zu spät auf die Gefahr reagiert zu haben.

Ab Montag dürfen sich die Briten in geschlossenen Räumen wieder in Gruppen von bis zu sechs Menschen oder zwei Haushalten treffen. Restaurants und Pubs dürfen ihre Innenräume wieder öffnen, Museen, Kinos und Sportstätten können wieder ihren Betrieb aufnehmen. Gesundheitsminister Matt Hancock versicherte am Sonntag, dass die Lockerungen trotz der Ausbreitung der besonders ansteckenden Corona-Variante aus Indien umgesetzt würden.

Dass aber alle Corona-Beschränkungen wie geplant am 21. Juni fallen werden, wollte Hancock nicht versprechen. Das Land befinde sich in einem Rennen zwischen dem Virus und seiner Impfkampagne, sagte der Gesundheitsminister dem Sender Sky News. Die Regierung sei aber zuversichtlich, „dass der Impfstoff siegen wird“. Umso wichtiger sei es allerdings, so viele Menschen wie möglich zu impfen, sagte er dem Sender BBC.

Scharf verwahrte sich Hancock gegen Vorwürfe der Opposition, die Regierung habe zu zögerlich auf die Gefahr durch die indische Virusvariante B.1.617.2 reagiert und Reisebeschränkungen für Indien zu spät verhängt. Es sei „völlig falsch“, dass Großbritannien schneller hätte handeln können, vielmehr seien für Indien strenge Reisebeschränkungen verhängt worden, noch bevor die Variante genau untersucht wurde.

Die britische Regierung hatte Pakistan und Bangladesch vor Indien auf die rote Liste gesetzt, für die besonders strikte Quarantänebestimmungen gelten. Dafür hagelte es jetzt Kritik von der Opposition. Hancock wies die Vermutung zurück, dass die Entscheidung durch eine geplante Reise von Premierminister Boris Johnson im April beeinflusst worden sei, bei der es um die Handelsbeziehungen nach dem Brexit gehen sollte. Der Besuch wurde dann kurzfristig wegen der Corona-Situation in Indien gestrichen.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) hatte Großbritannien am Freitag wegen der Ausbreitung der indischen Variante erneut als Corona-Risikogebiet eingestuft. Diese Einstufung bedeutet, dass das Auswärtige Amt vor „nicht notwendigen, touristischen Reisen“ warnt.

Die Lage in Großbritannien, wo bereits 1300 Fälle der indischen Virusmutante nachgewiesen wurden, zeigt einmal mehr, wie gefährdet die Erfolge im Kampf gegen das Coronavirus sind. Derzeit herrscht in Europa Optimismus vor, mehr und mehr Länder lockern ihre Beschränkungen und öffnen ihre Grenzen auch wieder für Touristen.

Als nächstes Land lockert Portugal seine Einreisebestimmungen für die meisten anderen EU-Staaten. Ab Montag dürfen EU-Bürger, in deren Ländern die Corona-Infektionsrate bei unter 500 Fällen pro 100.000 Einwohnern liegt, auch zu „nicht notwendigen“ Zwecken wieder nach Portugal kommen. Dafür müssen sie allerdings bei der Einreise einen negativen PCR-Test vorlegen, der nicht älter als 72 Stunden sein darf. Für Zypern, Kroatien, Litauen, die Niederlande und Schweden bleiben die bisherigen Beschränkungen jedoch in Kraft.

In Frankreich, wo 20 Millionen Menschen bereits ihre erste Impfdosis erhalten haben, treten am Mittwoch weitere Lockerungen in Kraft. Dann öffnet erstmals seit gut sechs Monaten die Außengastronomie wieder, auch Kinos und andere Kulturstätten können wieder aufmachen ebenso wie alle Geschäfte – allerdings gelten in allen Fällen Beschränkungen bei der Besucherzahl. Zudem beginnt die nächtliche Ausgangssperre erst um 21.00 Uhr statt bisher um 19.00 Uhr.

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