Ein Rassismusstreit unter Fußballern wird zur Herausforderung für die Grünen – Eine Chronologie

Grüne - Bild: Bündnis 90/Die Grünen Nordrhein-Westfalen
Grüne - Bild: Bündnis 90/Die Grünen Nordrhein-Westfalen

Es begann mit einem Rassismus-Eklat unter Fußballern und könnte jetzt zu einer Herausforderung für die Grünen werden: Ein Kommentar des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer zu einem Streit zwischen den früheren Fußballstars Dennis Aogo und Jens Lehmann soll Palmer die Parteimitgliedschaft kosten. Der Ablauf der Ereignisse:

Dienstagabend, 4. Mai: Der frühere deutsche Nationalspieler Dennis Aogo kommentiert als Experte des Fernsehsenders Sky das Halbfinale der Champions League zwischen Manchester City und Paris Saint-Germain.

Mittwoch, 5. Mai: In der Nacht nach dem Spiel veröffentlicht der dunkelhäutige Aogo den Screenshot einer WhatsApp, die er nach dem Spiel vom früheren Nationaltorwart Jens Lehmann erhalten hat. „Ist Dennis eigentlich euer Quotenschwarzer?“, dazu ein Smiley. Lehmann entschuldigt sich. Hertha BSC entlässt Lehmann als Berater.

Donnerstag, 6. Mai: Aogo lässt nun selbst seine Tätigkeit als Sky-Experte ruhen. In seinem Kommentar des Spiels hatte er über die Engländer gesagt, es sei schwer, gegen sie zu verteidigen. „Weil, davon gehe ich aus, sie das trainieren bis zum Vergasen.“ Wegen der Ermordung von Millionen Menschen – vor allem Juden – im Nationalsozialismus in den Gaskammern der Konzentrationslager steht diese Ausdrucksweise in der Kritik.

Freitag, 7. Mai: Palmer kommentiert unter dem Titel „Cancel Culture“ – so wird die öffentliche Ächtung wegen eines vermeintlichen Fehlverhaltens bezeichnet – ob die Welt jetzt besser sei, wo Lehmann und Aogo weg seien. Dabei schreibt er, „…der Furor, mit dem Stürme im Netz Existenzen vernichten können, wird immer schlimmer“.

Zu dieser Veröffentlichung schreibt Palmer kurz danach einen Kommentar zu einem anderen im Internet kursierenden vulgären Facebook-Posting über Aogo. Palmer schreibt, „der Aogo ist ein schlimmer Rassist. Hat Frauen seinen N…angeboten“. In Palmers Kommentar ist das N… ausgeschrieben, es ist eine rassistische Ausdrucksweise für das Genital eines dunkelhäutigen Mannes.

Samstag, 8. Mai, 10.30 Uhr: Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock kritisiert die Äußerung Palmers als „rassistisch und abstoßend.“ Die Bundesvorsitzende entzieht Palmer die politische Unterstützung der Grünen und befürwortet Konsequenzen bis hin zum Ausschlussverfahren.

Samstag, 8. Mai, 14.50 Uhr: Keine 24 Stunden nach seinem Facebook-Post leitet der Landesparteitag der Grünen Baden-Württemberg mit drei Viertel der Stimmen ein Ausschlussverfahren ein. Davor hatte Palmer in einer Rede die Kritik zurückgewiesen. Sein Kommentar sei ein erkennbar „vollkommen grotesker Rassismusvorwurf mit einer noch absurderen Begründung“ gewesen. „So was nennt man Satire.“

Samstag, 8. Mai, 15.20 Uhr: Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner erklärt die Unterstützung der Bundespartei für die Entscheidung, Palmer auszuschließen.

Sonntag, 9. Mai: In der „Welt am Sonntag“ sagt Palmer, es bestehe eine ernsthafte Gefahr für die offene Gesellschaft. Er halte es für eine Bürgerpflicht, dem entgegenzutreten. Deshalb werde er sich dem Ausschlussverfahren stellen – „und sei es der letzte Dienst, den ich meiner Partei tun kann.“

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