Nach elftägigem heftigen Raketenfeuer zwischen Israel und militanten Palästinensern gilt seit der Nacht zum Freitag eine Waffenruhe. Die um 02.00 Uhr Ortszeit in Kraft getretene Feuerpause wurde in den ersten Stunden offenbar von beiden Seiten eingehalten. In den Palästinensergebieten feierten tausende Menschen auf den Straßen. In Israel unterblieb das Sirenengeheul, das die Menschen in den Vornächten vor Raketenbeschuss gewarnt hatte.
Die Einigung auf die Feuerpause zwischen Israel und den radikalen Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad war am Donnerstag unter ägyptischer Vermittlung zustande gekommen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu teilte nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts am Abend mit, die Teilnehmer hätten die „ägyptische Initiative für eine bedingungslose Feuerpause einstimmig angenommen“. Die Hamas und der Islamische Dschihad bestätigten die Einigung.
Die Vereinbarung sieht laut Diplomaten-Angaben vor, dass zwei ägyptische Delegationen in den palästinensischen Gebieten sowie in Tel Aviv auf die Wahrung der Feuerpause achten.
International löste die Vereinbarung große Erleichterung aus. US-Präsident Joe Biden bezeichnete sie als „wirkliche Chance“ für Fortschritte hin zum Frieden in der Region. Er werde sich für diesen Fortschritt engagieren, versicherte Biden. Palästinenser wie Israelis verdienten es, „in Sicherheit zu leben“ und das „gleiche Maß an Freiheit, Wohlstand und Demokratie“ zu genießen.
Biden sprach dem ägyptischen Staatschef Staatschef Abdel Fattah al-Sissi seinen „aufrichtigen Dank“ für seine Vermittlung in dem Konflikt aus. US-Außenminister Antony Blinken wird „in den kommenden Tagen“ in den Nahen Osten reisen, um mit Vertretern Israels und der Palästinenser sowie anderen Politikern der Region zu sprechen, wie ein Ministeriumssprecher ankündigte.
UN-Generalsekretär António Guterres rief Israelis und Palästinenser auf, nun in einen „ernsthaften Dialog“ über die Wurzeln ihres Konflikts einzutreten. An die internationale Gemeinschaft appellierte er, zusammen mit der UNO ein „zügiges“ und „robustes“ Hilfspaket für den nachhaltigen Wiederaufbau der von der jüngsten Gewalteskalation betroffenen Gebiete auf den Weg zu bringen.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte sich am Donnerstag bei einem Besuch in Jerusalem und Ramallah dafür eingesetzt, den Nahost-Konflikt künftig „wieder ganz oben auf die Tagesordnung der internationalen Politik“ zu setzen.
In der Nacht gingen dann in Gaza-Stadt tausende Menschen auf die Straßen, um die Feuerpause zu feiern. Vereinzelt wurden Freudenschüsse abgefeuert, Autofahrer ließen ihre Hupen ertönen, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten. „Dies ist die Euphorie des Sieges“, sagte der hochrangige Hamas-Vertreter Chalil al-Hajja bei einem Auftritt vor der jubelnden Menge. Auch in Städten des Westjordanlands feierten Palästinenser die Feuerpause.
In Israel war es unterdessen ruhig – Warnungen der Armee vor neuen Raketenangriffen gab es nicht. Noch bis kurz vor Inkrafttreten der Waffenruhe hatten Sirenen im Süden Israels die Einwohner vor Raketenbeschuss gewarnt. Auch im Gazastreifen gab es laut Berichten von Einwohnern noch bis kurz vor der Feuerpause Luftangriffe.
Durch den gegenseitigen Raketenbeschuss waren seit Beginn der vergangenen Woche mindestens 244 Menschen getötet worden, die meisten davon auf palästinensischer Seite. Im Gazastreifen wurden nach palästinensischen Angaben mindestens 232 Menschen getötet, darunter 65 Kinder. Unter den Toten waren aber auch zahlreiche Kämpfer der Hamas und des Islamischen Dschihad. In Israel wurden nach Angaben der dortigen Behörden zwölf Menschen durch die palästinensischen Luftangriffe getötet, darunter ein sechsjähriges Kind und ein Soldat.
Insgesamt feuerten die Hamas und andere Gruppen in den elf Tagen nach Angaben der israelischen Streitkräfte mehr als 4300 Raketen in Richtung Israel ab. Die meisten wurden demnach jedoch vom israelischen Abwehrsystem „Iron Dome“ (Eiserne Kuppel) abgefangen. Die israelische Armee reagierte mit intensiven Luftangriffen im Gazastreifen.