Nur bei einem Stopp neuer Öl-, Gas- und Kohleprojekte kann die Welt den Temperaturanstieg noch auf 1,5 Grad begrenzen – so lautet das Fazit der Internationalen Energie-Agentur (IEA) in einem Bericht für den UN-Klimagipfel im November in Glasgow. Der Weg zum Null-Emissionsziel bis 2050 sei „schmal, aber erreichbar“, sagte IEA-Chef Fatih Birol am Dienstag in Paris. Der dafür nötige Umbau der Wirtschaft sei die vielleicht größte Herausforderung, vor der die Menschheit je stand.
Die IEA listet in ihrem Bericht mehr als 400 Zwischenziele auf dem Weg zum Nullemissionsziel 2050 auf. Jetzt schon dürfe es keine Genehmigungen mehr zur Erschließung neuer Öl- oder Gasfelder geben. Bis 2030 müssten alle ineffizienten Kohlekraftwerke schließen, bis 2035 müsse der Verkauf von Autos mit Verbrennermotor enden. Die Energieeffizienz müsse in diesem Jahrzehnt jährlich um vier Prozent steigen – und damit drei Mal so schnell wie aktuell geplant.
Nötig ist laut IEA-Bericht der kräftige Ausbau erneuerbarer Energiequellen; dies berge auch die Chance von Wohlstandsgewinnen für die Menschheit. Saubere Energiequellen – etwa auch beim Kochen – können demnach den vorzeitigen Tod von 2,5 Millionen Menschen jährlich bis 2050 verhindern.
Kombiniert mit höherer Energieeffizienz könnte die weltweite Energienachfrage demnach bis 2050 um rund acht Prozent im Vergleich zu heute sinken – obwohl dann zwei Milliarden mehr Menschen Zugang zu einer Stromversorgung haben. Der Anteil fossiler Energiequellen an der Energieversorgung kann laut Bericht von derzeit vier Fünftel auf ein Fünftel 2050 sinken.
Die meisten CO2-Reduktionsziele bis 2030 könnten laut Bericht mit den derzeit verfügbaren Technologien erreicht werden. Für die Hälfte der bis 2050 nötigen Reduktionen aber seien Technologien notwendig, die es aktuell nur in der Demonstrations- oder Prototypphase gebe. Als Beispiele nennt die IEA die Gewinnung und Speicherung von Kohlenstoffdioxid (CO2) direkt aus der Umgebungsluft – diese Technologie könnte „besonders wirkungsvoll“ sein, so die IEA.
Dave Jones von der Denkfabrik Ember nannte den Bericht der Energie-Agentur für den UN-Klimagipfel eine 180-Grad-Wende verglichen mit der IEA vor fünf Jahren. „Das ist wirklich ein Messer ins Herz der Industrie der fossilen Brennstoffe.“
Der WWF erklärte, Wind und Sonne gehörten die Zukunft, und Investitionen in fossile Energien müssten ein schnelles Ende finden – weltweit. Das zeige der neue Report der IEA.
Leider folgten dieser Erkenntnis in Deutschland noch nicht die nötigen Taten: Statt Photovoltaik und Windenergie den Rücken zu stärken, habe die große Koalition sie fallen lassen. Der Ausbau sei zuletzt drastisch zusammengebrochen. Nötig seien nun dringend neue Ausbauziele, straffere Genehmigungsverfahren gestrafft und eine bessere Flächenplanung. „Dazu müssen fossile Vorhaben wie die Erweiterung von Braunkohletagebauen auf den Prüfstand.“
Der UN-Klimagipfel findet im November im schottischen Glasgow statt. Die COP26 war ursprünglich im November 2020 geplant gewesen, musste aber wegen der Corona-Pandemie verschoben werden.