Israel steckt seit mehr als zwei Jahren in einer politischen Krise. Vier Wahlen fanden in dieser Zeit statt – bis heute steht das Land aber ohne stabile Regierung da. Nun wollen Gegner des amtierenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu eine Koalition schmieden, um den langjährigen Regierungschef aus dem Amt zu drängen.
9. April 2019
Obwohl Korruptionsvorwürfe gegen ihn erhoben wurden, hofft Regierungschef Netanjahu bei der Parlamentswahl auf einen Sieg. Seine rechtsgerichtete Likud-Partei und das Mitte-Links-Bündnis Blau-Weiß seines Herausforderers Benny Gantz landen letztlich jeweils bei 35 Sitzen und damit gleichauf. Das Parlament beauftragt Netanjahu, der von mehreren kleinen rechten Parteien unterstützt wird, eine Mehrheitsregierung zu bilden. Trotz wochenlangen Verhandelns gelingt ihm dies nicht und es werden Neuwahlen notwendig.
17. September 2019
Die Wahl im September führt zu einer erneuten Patt-Situation: Gantz‘ Partei erlangt 33 Sitze, die rechtsgerichtete Likud-Partei sichert sich 32. Netanjahu, der mit der Regierungsbildung beauftragt wird, schlägt eine Einheitsregierung vor. Gantz weigert sich jedoch, einer solchen Regierung beizutreten, und verweist auf eine mögliche Anklage gegen seinen Rivalen wegen des Vorwurfs der Korruption. Israels Präsident Reuven Rivlin beauftragt Netanjahu daraufhin mit der Bildung einer Regierung. Ende Oktober gibt Netanjahu bekannt, dass er gescheitert ist. Rivlin überträgt den Auftrag an Gantz, der ebenfalls scheitert. Erneut muss neu gewählt werden.
16. März 2020
Diesmal hat Netanjahus Likud-Partei die Nase vorn: Sie gewinnt mit 36 zu 33 Sitzen gegen das Mitte-Links-Bündnis von Gantz. Gantz, der mit anderen Parteien insgesamt die Unterstützung von 61 Abgeordneten hat, wird mit der Regierungsbildung beauftragt – und scheitert erneut. Am 20. April, als die Corona-Pandemie das Land fest im Griff hat, einigen sich Netanjahu und Gantz auf eine Einheitsregierung. Netanjahu soll für weitere 18 Monate im Amt bleiben, danach soll Gantz das Amt des Ministerpräsidenten für dieselbe Zeitspanne übernehmen. Die neue Regierung wird im Mai vom Parlament bestätigt und vereidigt. Doch bereits im Dezember zerbricht das fragile Bündnis an der Weigerung Netanjahus, einem Haushalt für 2021 zuzustimmen. Neuwahlen werden angesetzt.
23. März 2021
Zum vierten Mal innerhalb von zwei Jahren sind die Israelis an die Wahlurnen gerufen. Die Likud-Partei holt 30 Parlamentssitze und wird erneut stärkste Kraft. Der Liberale Jair Lapid landet mit seiner Partei Jesch Atid (Es gibt eine Zukunft) auf dem zweiten Platz. Netanjahu wird am 6. April abermals mit der Regierungsbildung beauftragt und scheitert auch diesmal. Am 5. Mai erteilt Präsident Rivlin dann Lapid den Regierungsauftrag.
30. Mai 2021
Eine Koalition ohne Netanjahu nimmt konkrete Formen an. Der Chef der religiös-nationalistischen Partei Jamina, Naftali Bennett, kündigt an, er wolle ein Bündnis mit Oppositionsführer Lapid schmieden. Für eine Mehrheit im Parlament sind sie auf die Unterstützung mehrerer anderer Parteien und auch auf einige Stimmen aus dem Lager der arabisch-israelischen Parteien angewiesen.