Er ist ein unbekümmerter Sunnyboy, sein Lied ist trotz eines ernsten Themas eine fröhliche Popnummer: „I Don’t Feel Hate“ – Ich fühle keinen Hass – ist das Lied, mit dem der 26-jährige Jendrik für Deutschland am Samstag beim Eurovision Song Contest (ESC) startet. Ob Jendrik damit erfolgreich sein wird, ist angesichts enttäuschender Wettquoten nicht abzusehen – er wird aber auf jeden Fall Fröhlichkeit im Wettbewerb verbreiten.
Jendrik setzt für sein selbst geschriebenes Lied die ESC-Weisheit um, dass für eine gute Platzierung eine eingängige Melodie und ein noch eingängigerer Refrain nötig sind. Er startet direkt mit seiner Hauptzeile „I don’t feel hate, I just feel sorry“ – ich fühle keinen Hass, es tut mir nur leid. Und in den drei Minuten des Lieds läuft es immer wieder auf diese Zeilen hinaus.
Jendrik verbindet damit eine Botschaft, die zum aktuellen Problem von Hassbotschaften im Internet und Diskriminierungen passt. „Meine Message ist, dass man auf den Hass, den man bekommt, nicht selber mit Hass reagieren soll.“ Dabei schließt der homosexuelle Sänger auch Angriffe auf ihn selbst ein. Er werde nicht mit Hass reagieren, wenn ihn jemand „Schwuchtel“ nenne, sagt Jendrik.
Ein sympathischer Typ mit starker Bühnenpräsenz, ein eingängiges Lied und dazu noch eine Botschaft – so ist Deutschlands Auftritt angelegt. Auf seinen eigenen Konten in den sozialen Netzwerken positioniert sich Jendrik zudem zu Body Shaming, Sexismus oder Intoleranz gegenüber Religion.
Für diese Möglichkeit, seine von Toleranz getragenen Überzeugungen zu verbreiten, betrieb der junge Sänger enormen Aufwand. Für sein Bewerbungsvideo für die deutsche Vorauswahl besorgte er sich 18 defekte Waschmaschinen, die er zusammen mit Freunden zu einem Waschsalon aufbaute. Er habe sich gefragt, wie er es als Normalo zum ESC schaffen könne, erzählt Jendrik. Seine Antwort: „Volles Karacho geradeaus.“
Mit dabei hat er seine mit 4000 Strasssteinchen selbst beklebte Ukulele, über die er auch schon wissenschaftlich in seiner Bachelorarbeit für die Musikhochschule Osnabrück schrieb. „Es ist einfach so, dass die Ukulele gute Laune verbreitet“, sagt Jendrik – das sei auch wissenschaftlich erwiesen.
Der deutsche ESC-Starter kam am 27. August 1994 in Hamburg zur Welt, wie er mit „Moin“ als Grußwort gern dokumentiert. Er stammt aus einer Großfamilie mit fünf Kindern. Der Familienbande verdankt er auch seine große Leidenschaft für die Ukulele. Jendriks Schwester bekam das Instrument im Grundschulalter geschenkt. Doch statt der Schwester spielte der zweitälteste Bruder mit dem Geschenk.
Eine Ukulele sei simpel zu spielen, sagt Jendrik. Seinen Gesang professionalisierte er in seinem von 2014 bis 2018 dauernden Studium. Seit dieser Zeit stand er in 17 Musicals auf der Bühne, zuletzt als Comedian Harmonist im Musical „Berlin, Berlin“ im Berliner Admiralspalast.
Mit 3500 Zuschauern erwartet Jendrik am Samstagabend ein so großes Publikum, wie es derzeit kaum einem Künstler auf der Welt vergönnt ist. Dazu dürften in vielen Ländern jeweils mehrere Millionen Menschen vor den Fernsehern sitzen – ein Traum für Jendrik.