Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geben am Sonntag in Straßburg den offiziellen Startschuss für die „Konferenz zur Zukunft Europas“. Die Bürger sollen nach Macrons Vorstellung konkrete Vorschläge machen, wie sich die EU nach dem Brexit und der Corona-Pandemie besser aufstellen kann. In Frankreich haben solche Bürgerkonvente vor allem Fortschritte beim Klimaschutz gebracht. Ein Überblick:
Ökozid und Flugverbote
Ein Verbot von kurzen Inlandsflügen oder ein neuer Straftatbestand des „Ökozids“ bei Umweltschädigungen nationalen Ausmaßes: Das geplante neue Klimagesetz in Frankreich, das die Nationalversammlung diese Woche in erster Lesung gebilligt hat, geht maßgeblich auf Vorschläge eines Bürger-Klimakonvents zurück, den Präsident Macron ins Leben gerufen hatte.
Kein schärferes Tempolimit
150 nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Mitglieder des Bürgerrats legten im vergangenen Juni Empfehlungen vor, wie Frankreich seine Klimaziele erreichen kann. Einige Vorschläge nahm die Regierung in das Klimagesetz auf. Besonders weitreichende wie etwa die Senkung des Tempolimits auf Autobahnen von 130 auf 110 Stundenkilometer wurden dagegen verworfen. Viele Mitglieder des Klimarats äußerten sich deshalb enttäuscht über Macron.
Klima-Referendum
Auf Vorschlag des Bürgerrats hat der Präsident auch eine Volksabstimmung in Aussicht gestellt – die Bürger sollen darüber abstimmen, ob der Klima- und Umweltschutz in die französische Verfassung aufgenommen werden soll. Ein Datum gibt es bisher nicht. Das Klima-Referendum wäre die erste Volksabstimmung in Frankreich seit 2005. Damals ging es um eine europäische Verfassung, die Franzosen wie Niederländer mehrheitlich ablehnten und die EU damit in eine Krise stürzten.
Legalisierung von Cannabis
Ein solches Referendum können sich französische Parlamentarier auch in anderen Bereichen vorstellen, etwa für die umstrittene Legalisierung von Cannabis zum privaten Gebrauch. Präsident Macron lehnt eine Strafrechtsänderung zwar ab, hat sich aber für eine „große nationale Debatte zum Drogenkonsum und seinen Folgen“ ausgesprochen.
„Große nationale Debatte“
Vorbild ist die „große nationale Debatte“, die Macron als Reaktion auf die teils gewaltsamen Massenproteste der „Gelbwesten“ 2018 und 2019 einberufen hatte. Damit wollte der Präsident „Wut in Lösungen verwandeln“. An der Debatte beteiligten sich bis März 2019 offiziell bis zu eine halbe Million Menschen online oder bei örtlichen Diskussionen. Bei zehn Veranstaltungen trat Macron selbst auf.
Kaum konkrete Ergebnisse
Anders als der Klimadialog brachte die „große Debatte“ kaum greifbare Ergebnisse. Die Vorschläge reichten von der Forderung nach einer restriktiveren Einwanderungspolitik über Steuersenkungen bis hin zur Abschaffung von Privilegien für Politiker. „Gelbwesten“-Aktivisten warfen dem Präsidenten ein „Ablenkungsmanöver“ vor. Sie kritisierten, dass Macron von vornherein bestimmte Zusagen ausschloss, etwa die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Dem Präsidenten gelang es mit den Debatten aber, die Proteste gegen ihn einzudämmen.