Merkel und Macron fordern in Spionageaffäre Aufklärung

Spionage
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In der Spionageaffäre um Abhöraktionen des US-Geheimdienstes NSA in Europa haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Aufklärung durch die USA und Dänemark gefordert. Spionage zwischen Verbündeten sei „inakzeptabel“, sagte Macron am Montag nach dem letzten gemeinsamen Ministerrat mit Merkel vor der Bundestagswahl Ende September. Deutschland und Frankreich erwarteten „vollständige Offenheit und die Klärung des Sachverhalts von den dänischen und amerikanischen Partnern“.

Merkel betonte, ihre Haltung zur NSA-Affäre habe sich nicht geändert. Sie spielte damit auf ihre frühere Aussage an: „Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht.“ Zugleich betonte die Kanzlerin, die Erklärungen der dänischen Regierung hätten sie „beruhigt“. Sie seien eine „gute Grundlage, neben der Aufklärung des Sachverhalts zu vertrauensvollen Beziehungen zu kommen“.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass der dänische Geheimdienst der NSA bei Lauschangriffen gegen Merkel und andere europäische Spitzenpolitiker geholfen haben soll. Dänemarks Auslands- und Militärgeheimdienst FE habe der NSA die Nutzung einer geheimen Abhörstation in der Nähe von Kopenhagen ermöglicht, berichteten der Dänische Rundfunk (DR) und weitere europäische Medien.

Merkel und Macron zogen nach dem letzten deutsch-französischen Ministerrat unter ihrer Leitung eine positive Bilanz: „Unsere beiden Ländern spielen eine entscheidende Rolle, um die Corona-Krise zu überwinden und ein neues Europa zu entwerfen“, sagte Macron. Als „historisch“ bezeichnete er die Einigung mit Merkel auf die Grundlagen des EU-Nothilfefonds von 750 Milliarden Euro.

In der „Erklärung von Berlin“, die beide Länder veröffentlichten, werden alle EU-Staaten aufgerufen, die „Chance zu nutzen“ und die Mittel zukunftsträchtig einzusetzen.

Weitere Themen bei dem Ministerrat mit beiden Kabinetten waren neben der Corona-Pandemie auch Fragen der Außen- und Verteidigungspolitik. Zentrales Thema war etwa die erzwungene Landung eines Ryanair-Flugzeuges in Belarus und die Festnahme des Regierungskritikers Roman Protassewitsch. „Wir verurteilen auf das Schärfste, was Belarus mit der Zivilgesellschaft macht“, bekräftigte Merkel. Die EU werde ihre Sanktionen „gezielt umsetzen“. Dazu gehören eine Sperrung des europäischen Luftraums für Flugzeuge aus Belarus und Wirtschaftssanktionen.

Die Kanzlerin kündigte zudem an, die Verhandlungen im sogenannten Normandie-Format mit Russland und der Ukraine fortzusetzen. Sie räumte aber ein, dass die Fortschritte „sehr sehr spärlich sind“.

Die 66-jährige Merkel zog nach dem Gipfel mit Macron auch persönlich ein positives Fazit: Für sie sei es „immer eine Bereicherung“ gewesen, zusammen mit dem 23 Jahre jüngeren Präsidenten zu gemeinsamen Lösungen zu kommen. „Die Zusammenarbeit macht Freude, und die Bilanzen werden dann gezogen, wenn die Arbeit vorbei ist“, betonte die Kanzlerin unter Anspielung auf die bevorstehenden Spitzentreffen der G7-Staaten, der Nato sowie der EU im Juni.

Macron drückte Merkel seinen Dank für die vierjährige Zusammenarbeit aus. „Dein Engagement, deine Tatkraft, manchmal auch deine Geduld waren entscheidend, sowie deine Fähigkeit zuzuhören“, sagte der französische Präsident zu der scheidenden Kanzlerin.

Macron beginnt seinerseits am Dienstag eine „Tour de France“, um den Franzosen vor der Präsidentschaftswahl im kommenden Frühjahr den „Puls zu messen“ und seine Chancen für eine Wiederwahl auszuloten. Meinungsforscher sagen ihm ein knappes Rennen gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen voraus.

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