Merkel verurteilt antisemitische Übergriffe auf das Schärfste

Angela Merkel - Bild: Bundesregierung/Bergmann
Angela Merkel - Bild: Bundesregierung/Bergmann

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat antisemitische Übergriffe und Kundgebungen in Deutschland auf das Schärfste verurteilt. Zwar respektiere die Bundesregierung das Demonstrationsrecht, ließ Merkel am Freitag über ihren Sprecher Steffen Seibert erklären. „Wer solche Proteste aber nutzt, um seinen Judenhass herauszuschreien, der missbraucht sein Demonstrationsrecht“, sagte er. Antisemitische Proteste werde „unsere Demokratie nicht dulden“. Auch der Zentralrat der Muslime kritisierte die Übergriffe.

In den vergangenen Tagen gab es wiederholte Proteste mit antisemitischen Parolen im Umfeld von Synagogen und israelfeindliche Attacken. Der Zentralrat der Juden veröffentlicht Aufnahmen aus Gelsenkirchen, wo eine große Gruppen „Scheiß Juden“ vor der dortigen Synagoge rief. In mehreren Städten wurden Israel-Fahnen angezündet.

Seibert machte im Namen der Kanzlerin klar, dass Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung im Nahostkonflikt niemals ein Vorgehen gegen jüdische Bürger und Einrichtungen rechtfertigen könne. Wer in Deutschland jüdische Einrichtungen angreife, „der zeigt damit schon, dass es ihm nicht um Kritik an einem Staat und einer Regierung geht, sondern um Aggression und Hass gegen eine Religion und diejenigen, die ihr angehören.“

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte zu, die Sicherheitsbehörden würden „das Menschenmögliche“ tun, um die Schutzmaßnahmen für jüdische Einrichtungen zu optimieren. Die Behörden ermittelten auf Hochtouren wegen möglicher Rechtsverstöße. Das „Täterspektrum“ setze sich nach bisherigen Erkenntnissen „zum Teil aus dem islamistischen und linken Milieu zusammen“.

Mit einem eindringlichen Appell rief der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, die Gesellschaft zum Engagement gegen Antisemitismus auf. „Wir erwarten, dass die Bürger sich gegen diesen Antisemitismus stellen, und zwar lautstark und öffentlich“, sagte Schuster in einem Grußwort an den FDP-Parteitag.

„Wir erwarten auch Solidarität auch in den sozialen Medien“, fuhr Schuster fort. „Sie können sich gar nicht vorstellen, mit welcher Menge an übelsten Kommentaren wir es gerade auf Facebook, Twitter und Instagram zu tun haben. Die sozialen Medien explodieren geradezu mit Hetze gegen Juden.“

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, kritisierte die antisemitischen Proteste vor Synagogen scharf. „Ich verurteile entschieden solch widerliche Szenen“, sagte Mazyek der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Samstagsausgabe). „Wer Rassismus beklagt, selbst aber solch antisemitischen Hass verbreitet, hat alles verwirkt. Wer angeblich Israelkritik üben will, dann aber Synagogen und Juden angreift, greift uns alle an und wird meinen Widerstand bekommen.“

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, erklärte, politische Diskussionen mit unterschiedlichen Meinungen über den Nahostkonflikt müssten geführt werden. „Angriffe auf Synagogen haben nichts, aber auch gar nichts mit Politik zu tun.“ Solche Angriffe richteten sich gegen Juden als Glaubensgemeinschaft. „Mit Meinungsfreiheit hat das nichts zu tun. Denn Antisemitismus ist keine Meinung, sondern eine menschenverachtende Haltung.“

Nach einem Bericht des Magazins „Spiegel“ befürchten Polizei und Verfassungsschutz, dass wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten die Gewalt auch in Deutschland eskaliert. In einer internen Analyse der Sicherheitsbehörden heiße es, dass es zu Attacken mit Molotowcocktails auf israelische Einrichtungen kommen könnte.

Thüringens Verfassungsschutzchef Stephan Kramer sagte dem „Spiegel“, „wir müssen höllisch aufpassen. Was auf den Straßen geäußert wird, hat nichts mehr mit Kritik an Israel zu tun, das ist purer Hass und Antisemitismus.“

Anzeige



Anzeige

Avatar-Foto
Über Redaktion des Nürnberger Blatt 44940 Artikel
Hier schreiben und kuratieren die Redakteure der Redaktion des Nürnberger Blatt