Nach der erzwungenen Zwischenlandung einer Passagiermaschine in Minsk ist das Flugzeug ohne den belarussischen Exil-Oppositionellen Roman Protasewitsch in Vilnius gelandet. Mit einigen Stunden Verspätung erreichte die Maschine am Sonntagabend ihren Zielflughafen in Litauen. Protasewitsch habe vermutet, dass das Flugzeug seinetwegen zwischenlanden musste, sagten mehrere Fluggäste einem Reporter der Nachrichtenagentur AFP.
„Er geriet in Panik und sagte, dass dies seinetwegen sei“, sagte die 40-jährige Passagierin Monika Simkiene nach der Landung. „Er hat sich einfach zu den Leuten umgedreht und gesagt, dass ihm die Todesstrafe droht“, fügte sie hinzu. Der Oppositionelle sei plötzlich „sehr ruhig“ geworden.
Ein weiterer Passagier, der nur seinen Vornamen Mantas nennen wollte, sagte ebenfalls, dass Protasewitsch zunächst sehr nervös gewirkt habe, „aber dann, als er verstand, dass er nichts daran ändern kann, beruhigte er sich und akzeptierte es“.
Dutzende Unterstützer der belarussischen Opposition versammelten sich auf dem Flughafen in Vilnius. Einige hielten Schilder in die Höhe, auf einem davon stand: „Ryanair, wo ist Roman?“ Der 36-jährige Oppositionsanhänger Alexander Glatschkow sagte, er sei aus Solidarität mit Protasewitsch gekommen, „um zu verhindern, dass einer nach dem anderen gebrochen wird“.
Die Ryanair-Maschine hatte sich am Sonntag auf einem Flug von Athen nach Vilnius befunden, als sie von einem belarussischen Kampfjet zur Notlandung gezwungen wurde. Am Flughafen von Minsk wurde dann der Regierungskritiker und ehemalige Chefredakteur des Oppositionskanals Nexta, Protasewitsch, festgenommen, wie Nexta berichtete. Das staatliche Fernsehen bestätigte die Festnahme.
Nach Angaben der belarussischen Behörden wich die Maschine auf dem Weg nach Litauen wegen einer „Bombendrohung“ von ihrem Kurs ab. Die belarussische Präsidentschaft bestätigte, dass auf Anweisung von Lukaschenko ein Kampfflugzeug vom Typ MiG-29 aufgestiegen sei, um das Flugzeug abzufangen.
Über Nexta waren nach der von massiven Betrugsvorwürfen begleiteten Präsidentschaftswahl in Belarus im vergangenen August hunderttausende Demonstranten mobilisiert worden. Die monatelang andauernden Proteste hatten sich später abgeschwächt.