Spahn: Pandemie deckt Stärken und Defizite des Gesundheitssystems auf

Jens Spahn - Bild: REUTERS/Hannibal Hanschke/Pool

Die Corona-Pandemie hat nach Ansicht von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Stärken, aber auch Defizite des Gesundheitssystems aufgedeckt. So habe die Pandemie wie „im Brennglas“ gezeigt, dass der öffentliche Gesundheitsdienst zu lange ein Nischendasein geführt habe, sagte Spahn am Dienstag auf dem 124. Deutschen Ärztetag. Dies gelte nicht nur für die Personalausstattung. Auch die Digitalisierung der Gesundheitsämter müsse weiter ausgebaut werden.

Ärztepräsident Klaus Reinhardt forderte eine strukturell und personell bessere Ausstattung des öffentlichen Gesundheitsdiensts. „Dafür ist eine tariflich gesicherte, arztspezifische Vergütung für die Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern grundlegend“, sagte er.

Notwendig sei auch eine bundesweit abgestimmte Klinikplanung. Der steigende Personalbedarf sowie Reservekapazitäten für Notfälle müssten viel stärker in der Krankenhausplanung und bei der Krankenhausfinanzierung berücksichtigt werden. Eine der wichtigsten Lehren aus der Pandemie sei, „leistungsstarke Strukturen unseres Gesundheitswesens zu sichern, statt sie auszudünnen und auf reine Kosteneffizienz zu trimmen“, erklärte der Präsident der Bundesärztekammer.

Spahn begrüßte die Fortschritte in der Telemedizin, etwa durch Videosprechstunden. „Die Pandemie hat das getriggert um einige tausend Prozent.“ Bei Patienten und Ärzte sei die Bereitschaft gestiegen, Probleme und Behandlungen online abzuklären.

Zugleich habe Corona gezeigt, dass Deutschland bei der Produktion bestimmter Wirkstoffe oder Impfstoffe wieder unabhängiger werden müsse „von China und anderen Teilen der Welt“. „Es geht um das richtige Maß an Globalisierung in bestimmten sensiblen Bereichen“, betonte Spahn.

Spahn bekräftigte, es gehe nun darum, die dritte Welle weiter zu brechen. „Die Zahlen sinken, das ist ermutigend“, sagte Spahn. „Sie sind noch nicht stark genug gesunken, aber die Richtung stimmt.“

Beim Impfen zeigte sich der Minister offen für „niederschwellige“ Impfaktionen wie zuletzt im Kölner Stadtteil Chorweiler, einem sozialen Brennpunkt. Seinetwegen könne „auch in Kirchen und Moscheen“ geimpft werden. Die große Stärke sei aber die flächendeckende Versorgung auch durch Arztpraxen, sagte Spahn.

Der zweitägige Ärztetag, der ansonsten hunderte Mediziner versammelt, findet wegen der Corona-Krise ausschließlich im Onlineformat statt. Im Mittelpunkt des Ärztetags stehen vor allem die Lehren und Erfahrungen aus der Corona-Pandemie.

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