Drei bis vier Milliarden Euro pro Jahr: So viel dürfte es einer Studie zufolge kosten, wenn Deutschlands Bauern die Haltungsbedingungen für Kühe, Schweine und Hühner deutlich verbessern. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sagte am Montag, mehr Tierwohl koste mehr Geld, das sei „allgemein akzeptiert“. Vorschläge für Finanzierungsmodelle lägen auf dem Tisch – sie rate den Koalitionsfraktionen, „sich noch in dieser Legislaturperiode auf einen Weg zu einigen“.
Drei bis vier Milliarden Euro pro Jahr: „Das klingt recht teuer, sind aber nur fünf Cent pro Mahlzeit“, sagte Studienautor Folkhard Isemeyer vom staatlichen Thünen-Institut. Wenn gesellschaftlich gewollt sei, dass „alle Nutztiere in Deutschland auf ein höheres Tierwohlniveau kommen“, dann lasse sich das nicht über den Markt erreichen. Der Staat müsse „perspektivisch“ die Auflagen für die Tierhalter erhöhen und sie gleichzeitig finanziell unterstützen.
Das Geld dafür soll über höhere Preise hereinkommen – entweder über eine von sieben auf 19 Prozent erhöhte Mehrwertsteuer auf Fleisch und Fleischprodukte oder über eine Abgabe auf Fleisch und Fleischprodukte. „Ich bin für beides offen“, sagte Klöckner.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland „tragen das mit“, zeigte sich die Ministerin überzeugt. Fleisch solle zwar „kein Luxusgut für Reiche“ werden, aber es gebe auch „kein Recht auf Billigstfleisch“. Ziel sei, dass weniger Fleisch, dafür aber höherwertiges verzehrt werde – „damit können alle besser leben“.
Zu den Auflagen des Staates für die Tierhalter sagte Studienautor Isemeyer: Die Landwirte müssten „durch Druck und Sog auf den gesellschaftlich gewünschten Pfad geleitet werden“. Bis 2030, so der Vorschlag, solle die Stufe 0 der Tierhaltung verboten werden – das ist die Stufe, in der die aktuell geltenden Mindeststandards eingehalten werden. 2040 soll dann die Stufe 1 nicht mehr erlaubt sein – sie sieht aktuell leichte Verbesserungen für die Tiere wie eine größere Auslauffläche vor.
Der ehemalige Landwirtschaftsminister Joachim Borchert (CDU), Vorsitzender der Zukunftskommission Landwirtschaft, rechtfertigte den langen Zeitraum: Bauern, die die Stufe 2 oder 3 erreichen wollten, „müssen meist einen Stall neu bauen. Das dauert erhebliche Zeit“. Vielerorts werde eine solche weitreichende Investition auch erst mit dem Generationenwechsel auf einem Hof getroffen.
Auch Klöckner betonte: „Wer einen Stall umbaut, nimmt richtig Geld in die Hand.“ Daher dürfe der Umbau der Tierhaltung „nicht davon abhängen, welche Koalition gerade regiert“. Sie lasse derzeit „Vertragsentwürfe zwischen Staat und Tierhaltern“ ausarbeiten. Zudem wolle sie die derzeit laut EU-Recht zulässige Förderhöchstdauer von sieben Jahren „ausweiten“.
Klöckner hatte die Borchert-Kommission eingesetzt; sie legte im vergangenen Jahr Vorschläge für den Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland vor. Eine Anfang März veröffentlichte Machbarkeitsstudie schlug die höhere Mehrwertsteuer zur Finanzierung eines solchen Umbaus vor. Die am Montag vorgestellte Studie zur Folgenabschätzung untersucht, wie sich dieser Umbau auf die Betriebe, die ganze Branche und auf Verbraucher auswirkt.