Wegen der Blockade Ungarns hat die EU keine einheitliche Position zu der jüngsten Eskalation im Nahost-Konflikt gefunden. Die ungarische Regierung habe eine gemeinsame Erklärung der EU-Außenminister am Dienstag nicht mitgetragen, sagte der europäische Außenbeauftragte Josep Borrell am Dienstag. Nur 26 der 27 Mitgliedstaaten stellten sich demnach bei einer Video-Konferenz hinter die Forderung nach einem „sofortigen Stopp aller Gewalt“ und der „Umsetzung einer Waffenruhe“.
Ungarns Außenminister Peter Szijjarto warf der EU vor, sich gegen Israel zu stellen. Er habe „generell ein Problem mit diesen europäischen Erklärungen“, sagte er bei einem Besuch in Paris. Sie seien üblicherweise „sehr einseitig“ und „helfen nicht – besonders nicht unter diesen Umständen, wenn es so starke Spannungen gibt“.
Borrell zufolge kritisierten die anderen 26 Mitgliedstaaten auch die hohe Zahl ziviler Opfer in dem Konflikt als „inakzeptabel“. Demnach verurteilten sie die Raketenangriffe der radikalislamischen Hamas und unterstützen „vollständig“ das Recht Israels, sich zu verteidigen.
Dies müsse aber „auf verhältnismäßige Weise“ und im Einklang mit internationalem Recht erfolgen, sagte der Spanier. „Starke Unterstützung“ habe es auch für die Forderung an Israel gegeben, auf weitere Zwangsräumen palästinensischer Wohnungen in Ost-Jerusalem zu verzichten, die Auslöser der jüngsten Eskalation waren.
Seit vergangener Woche wurden laut israelischer Armee mehr als 3200 Raketen aus dem Gazastreifen Richtung Israel abgefeuert. Israel bombardiert seinerseits Ziele im Gazastreifen. 213 Palästinenser wurden getötet. Auf israelischer Seite starben zwölf Menschen.
Ungarn sorgt immer wieder mit Vetos in der EU-Politik für Ärger. Seit Wochen blockiert das Land mit engen Beziehungen zu China auch eine gemeinsame EU-Erklärung zur Menschenrechtslage in Hongkong. Ende vergangenen Jahres drohte es zusammen mit Polen über Wochen mit einem Veto gegen den 750 Milliarden Euro schweren Corona-Hilfsfonds, weil die Auszahlung von EU-Geldern nun an die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien geknüpft wird.
Der liberale Europaabgeordnete Guy Verhofstadt kritisierte die Handlungsunfähigkeit der EU. „Wieder und wieder und wieder macht es die Einstimmigkeit unmöglich, Europas Interessen und Werte zu verteidigen“, erklärte der ehemalige belgische Regierungschef auf Twitter. Er forderte, das Problem des Einstimmigkeitsprinzips in Bereichen wie der Außenpolitik in der nun angelaufenen EU-Reformdebatte zu lösen. Sie soll bis zum Frühjahr kommenden Jahres in konkrete Ergebnisse münden.