US-Regierung bestätigt Verzicht auf Sanktionen gegen Betreiber von Nord Stream 2

Antony Blinken - Bild: State Department/Ron Przysucha
Antony Blinken - Bild: State Department/Ron Przysucha

Die US-Regierung verzichtet offiziell auf Sanktionen gegen die Betreibergesellschaft der umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 und deren deutschen Geschäftsführer. In einem am Mittwoch an den US-Kongress übermittelten Bericht schreibt US-Außenminister Antony Blinken, ein Verzicht auf die Strafmaßnahmen sei „im nationalen Interesse der USA“.

In dem der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Bericht heißt es, die in der Schweiz ansässige Nord Stream 2 AG und deren Geschäftsführer Matthias Warnig seien zwar an Aktivitäten beteiligt, die gegen ein US-Sanktionsgesetz verstoßen. Eine Verhängung von Strafmaßnahmen hätte aber „negative Auswirkungen auf die Beziehungen der USA zu Deutschland, zur Europäischen Union und zu weiteren europäischen Verbündeten und Partnern“.

Der Verzicht auf Sanktionen – ein sogenannter waiver – würde zudem Raum schaffen für diplomatische Gespräche mit der Bundesregierung über „Risiken, die eine fertiggestellte Nord-Stream-2-Pipeline für die Ukraine und die europäische Energie-Sicherheit darstellen“ würde, heißt es in dem Bericht.

Die Ausnahmeregelung umfasst neben Warnig die gesamte Geschäftsführung von Nord Stream 2. Die Tochter des russischen Energieriesen Gazprom mit Sitz in der Schweizer Stadt Zug ist für Planung, Bau und den späteren Betrieb der Pipeline zuständig, die fast fertiggestellt ist.

In einer Erklärung bekräftigte Außenminister Blinken erneut, die US-Regierung sei „standhaft“ gegen das Pipeline-Projekt. „Wir werden uns weiter der Fertigstellung dieses Projekts widersetzen, das die europäische Energiesicherheit und die Energiesicherheit der Ukraine und der östlichen Flanke der Nato- und EU-Staaten schwächen würde.“

Sanktionen sollen nach Blinkens Angaben gegen mehrere am Bau der Pipeline beteiligte russische Schiffe und Unternehmen sowie eine russische Behörde verhängt werden.

Die US-Regierung ist strikt gegen die 1200 Kilometer lange Ostsee-Röhre, welche die Kapazitäten für russische Erdgaslieferungen nach Deutschland deutlich erhöhen soll. US-Präsident Joe Biden argumentiert wie bereits sein Vorgänger Donald Trump, Deutschland und Europa würden sich damit in eine wachsende Abhängigkeit von Russland begeben und dem Gas-Transitland Ukraine schaden.

Washington will aber im Streit um die Pipeline nicht die nach den Trump-Jahren wieder verbesserten Beziehungen zu Deutschland aufs Spiel setzen. Die US-Denkfabrik Defense Priorities erklärte am Mittwoch, Sanktionen gegen die Nord Stream 2 AG wären letztlich eine „nutzlose Geste“, da der Bau nahezu abgeschlossen sei, und würden dem Verhältnis zur Bundesregierung schaden. „Die USA sollten Deutschland nicht sagen, wie es seine Energie zu kaufen hat.“

Im US-Kongress, der 2019 ein Sanktionsgesetz gegen den Bau von Nord Stream 2 beschlossen hatte, stieß die jetzige Entscheidung der Regierung allerdings parteiübergreifend auf Kritik. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Senats, der Demokrat Bob Menendez, forderte, die Biden-Regierung müsse alles unternehmen, um eine Fertigstellung der Pipeline zu stoppen. Dazu gehörten auch Sanktionen gegen die Nord Stream 2 AG und deren Geschäftsführer.

Der republikanische Senator Jim Risch sprach von einem „Geschenk“ für den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der republikanische Abgeordnete Michael McCaul sprach von einer „verantwortungslosen Entscheidung“. Die Begründung, der Verzicht auf Sanktionen diene dem nationalen Interesse, sei „absolut lächerlich“. „Die Fertigstellung dieser Pipeline wird die Sicherheit der Ukraine bedrohen, Europas gefährliche Energie-Abhängigkeit vom Kreml verstärken und das korrupte Putin-Regime weiter bereichern“, warnte McCaul.

US-Medien hatten bereits am Dienstag berichtet, dass Biden auf Sanktionen gegen die Nord Stream 2 AG verzichten will. In Berlin wurde das begrüßt: Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte am Mittwoch, die Bundesregierung sehe dies „als Schritt, der auf uns zugegangen wird“. Es sei wichtig, Probleme „so konstruktiv wie möglich weiter miteinander zu besprechen“. Die Bundesregierung hält an der neun Milliarden Euro teuren Pipeline fest, obwohl es daran auch Kritik von anderen EU-Staaten gibt.

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