In England und Wales sind im Corona-Jahr 2020 die meisten durch Alkoholkonsum verursachten Todesfälle seit zwei Jahrzehnten verzeichnet worden. Wie die britische Statistikbehörde ONS am Donnerstag mitteilte, stieg die Zahl im Jahresvergleich um 20 Prozent auf den höchsten Stand seit Beginn der Statistik im Jahr 2001.
Die Daten seien „alarmierend“, erklärte die Leiterin des britischen Instituts für Alkoholstudien (IAS), Sadie Boniface. Der Anstieg der Todeszahlen falle mit dem Beginn der Pandemie zusammen. Im zweiten Quartal 2020, nachdem Großbritannien zum ersten Mal einen Lockdown verhängte, wurde laut der Statistik ein Anstieg um 17 Prozent beobachtet. In den zwei folgenden Quartalen wurde ebenfalls ein Wachstum um 22 und 28 Prozent verzeichnet.
Während der Pandemie seien zwar „wesentliche Veränderungen im Trinkverhalten“ aufgefallen, erklärte Boniface. Dennoch sei der Anstieg nicht dadurch zu begründen, dass Menschen mit normalem Trinkverhalten in der Pandemie angefangen hätten, ihren Alkoholkonsum zu steigern. Stattdessen hätten die Betroffenen oftmals schon vorher zu viel getrunken und ein Großteil der Todesfälle sei auf Langzeitfolgen wie Lebererkrankungen zurückzuführen.
Der fehlende Zugang zu medizinischer Versorgung könne ein weiterer Grund für den Anstieg der Sterbefälle sein, erklärte Boniface. „Diese Todesfälle waren nicht unvermeidlich, aber leider eine von vielen indirekten Folgen der Pandemie.“ Das müsse in Zukunft berücksichtigt werden.
Die Daten zu den Alkoholtoten zeigten auch soziale Unterschiede. Männer in den ärmsten Regionen Englands hatten ein viermal höheres Risiko durch Alkohol zu sterben als solche in den wohlhabendsten Regionen. Bei Frauen war das Risiko dreimal höher. Insgesamt lag die Wahrscheinlichkeit, an Alkohol zu sterben, für Männer fast doppelt so hoch wie bei Frauen.