BDI-Chef Russwurm kritisiert neues Klimaschutzgesetz als zu vage

Siegfried Russwurm - Bild: BDI/Christian Kuppa
Siegfried Russwurm - Bild: BDI/Christian Kuppa

Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, hat das neue Klimaschutzgesetz der großen Koalition als zu vage kritisiert. „Klimaneutralität per Gesetz vorzuschreiben reicht nicht. Konkretisierung tut not“, schrieb Russwurm in einem Gastbeitrag für die „Wirtschaftswoche“. Der „Süddeutschen Zeitung“ vom Montag sagte Russwurm, „viel inhaltliche Substanz kann ich nicht darin entdecken“.

Die Politik habe „spontan“ die Ziele verschärft, „qualitativ ist die Lage nicht besser als vorher“, sagte Russwurm der „Süddeutschen“. Es gebe eine andere Jahreszahl, andere Prozentzahlen. „Aber ungeklärt ist, wie das Ziel eigentlich erreicht werden soll.“ Da müsse noch viel mehr passieren, forderte er. Was auf dem Tisch liege, halte er für übereilt und in entscheidenden Punkten für lückenhaft. Notwendig seien Konzept, Strategie und realistische Planung, wie das für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen funktionieren solle, und dann eine sehr zügige Umsetzung.

In der „Wirtschaftswoche“ schrieb Russwurm: Wie problematisch ein solch vager Beschluss ohne klaren Zielpfad sei, mache ein Beispiel deutlich: Komplexe Industrieanlagen hätten oft eine Nutzungszeit von über 20 Jahren. Vorher müssten sie geplant, genehmigt und errichtet werden. „Das heißt: Konkrete Weichenstellungen dafür, wie Industrie 2045 aussehen wird, stehen heute an. Dafür fehlen aktuell verlässliche Grundlagen und der regulatorische Rahmen.“

2045 sei nicht ferne Zukunft, sei nicht übermorgen, sei auch nicht morgen: sondern für manchen Investor schon morgen früh. Der erforderliche „enorme Strukturwandel darf die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes nicht aufs Spiel setzen“, warnte Russwurm in der „Wirtschaftswoche“. Damit er gelinge, müsse Deutschland die Leistungskraft seiner Ingenieurinnen und Ingenieure und die hervorragende Technologiebasis nutzen. „Und wir müssen die Innovationsdynamik und Stärke des Zusammenspiels von industriellem Mittelstand und Großunternehmen sichern und weiter erhöhen.“

Der „Süddeutschen“ sagte der BDI-Präsident, technisch wüssten die Unternehmen, wie die Dekarbonisierung funktioniere, auch in der Stahl-, Zement- und Chemieindustrie. „Aber das steht immer unter der Vorbedingung, das es für alle genügend erneuerbare Energie, genügend Wasserstoff gibt. Diese Frage hätten alle Gesetze bisher nicht im Ansatz beantwortet. 2045 werde allein für die Chemie und Stahlbranche sowie für die Elektromobilität mehr erneuerbarer Strom gebraucht als aktuell die gesamte Stromproduktion in Deutschland hergebe.

Die Politik müsse „sofort“ klären, wie wir zu mehr grünem Strom und zu mehr Wasserstoff kommen, forderte Russwurm in der „SZ“. Er kritisierte, dass komplizierte Entscheidungsverfahren der Energiewende jedes Tempo nähmen. Das Land brauche mehr Tempo. „Im Bummelzug ist Klimaneutralität nicht zu erreichen.“

Das vom Bundeskabinett beschlossene Klimaschutzgesetz sieht eine Senkung der Emissionen in Deutschland um 65 Prozent bis 2030 und um 88 Prozent bis 2040 im Vergleich zu 1990 vor. 2045 soll Treibhausgasneutralität erreicht sein. Diese Woche soll der Bundestag darüber abstimmen.

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