Dämpfer für die französischen Rechtspopulisten von Marine Le Pen, Aufwind für die Konservativen: Bei der ersten Runde der Regionalwahlen am Sonntag wurde das bürgerliche Lager nach Teilergebnissen überraschend deutlich stärkste Kraft. Le Pen äußerte sich enttäuscht und führte das schwache Abschneiden auf die Rekordenthaltung von gut zwei Dritteln der Wähler zurück.
Die Wahlen in den Regionen und den kleineren Départements sind der letzte Stimmungstest vor der Präsidentschaftswahl 2022. Konservative Anwärter wittern nun Chancen, Staatschef Emmanuel Macron im kommenden Jahr schlagen zu können. Dessen Partei La République en Marche (LREM, Die Republik in Bewegung) erlitt erwartungsgemäß eine Schlappe.
Die konservative Partei Les Républicains (Die Republikaner) von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy reklamierte den Sieg in der ersten Runde für sich. Die Republikaner seien „mit weitem Abstand die Partei mit den meisten Stimmen“ geworden, betonte ihr Vorsitzender Christian Jacob. Er attestierte der Präsidentenpartei eine „beispiellose Niederlage“.
Konservative Regionalpräsidenten und -präsidentinnen verteidigten ihre Mehrheiten unter anderem in der Hauptstadtregion Ile de France, sowie den Regionen Grand Est im Grenzgebiet zu Deutschland, Hauts-de-France in Nordfrankreich und Auvergne-Rhône-Alpes im Südosten. Allerdings gehören zu den Siegern der ersten Runde auch gemäßigte Konservative wie der Präsidentschaftskandidat Xavier Bertrand, der die Republikaner aus Enttäuschung über einen zu rechtslastigen Kurs verlassen hatte.
Le Pens Partei Rassemblement National (RN, Nationale Sammlungsbewegung) machte sich nach Umfragen Hoffnungen auf einen Sieg in sechs der 13 Regionen, wurde aber enttäuscht: Nur in der südfranzösischen Region Provence-Alpes Côte d’Azur mit Städten wie Nizza lag die RN knapp vor den regierenden Konservativen.
Dort wird in einer Woche eine Stichwahl nötig. Politiker des linken Lagers haben bereits angekündigt, die Konservativen gegen Le Pens Partei unterstützen zu wollen. Bei den letzten Regionalwahlen 2015 hatte eine solche „republikanische Front“ verhindert, dass das Rechtsaußen-Lager auch nur eine einzige Region gewinnen konnte, obwohl es mit rund 28 Prozent der Stimmen in der ersten Runde stärkste Kraft geworden war.
Mit dem schlechten Abschneiden der Nationalen Sammlungsbewegung, der früheren Front National, stellt sich die Frage nach der politischen Zukunft Le Pens: Sie will Macron bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Frühjahr herausfordern. Die 52-Jährige betonte, die Wahlen gäben wegen der Rekordenthaltung ein „trügerisches Bild“ der Kräfteverhältnisse im Land ab und rief ihre Anhänger zur einer Mobilisierung in den Stichwahlen auf.
Mehr als zwei Drittel der Wähler in Frankreich blieben der Abstimmung fern, das war der höchste Stand bei einem solchen Urnengang in der Nachkriegszeit. Regierungssprecher Gabriel Attal führte das Fernbleiben der Wähler auf die Corona-Pandemie zurück.
Allerdings hatte sich die Infektionslage zuvor deutlich entspannt. Die Wahlen fielen deshalb mit einer Lockerung der Corona-Auflagen zusammen. Nach fast acht Monaten endeten am Sonntag die nächtlichen Ausgangssperren in Frankreich.