Die Sterblichkeit in Deutschlands Pflegeheimen ist während der ersten beiden Pandemiewellen deutlich erhöht gewesen. So lag während des ersten Lockdowns im April vergangenen Jahres die Sterblichkeit bereits um 20 Prozent höher als im Schnitt der Vorjahre, wie aus dem am Dienstag in Berlin veröffentlichten Pflegereport des Wissenschaftlichen Instituts der AOK hervorgeht. In der zweiten Pandemiewelle von Oktober bis Dezember gab es 30 Prozent mehr Todesfälle.
Am Jahresende, in der Weihnachtwoche vom 21. bis 27. Dezember, erreichte die Sterblichkeit in den Heimen eine Spitze und lag um 81 Prozent höher als im Mittel der Vorjahre. Die Sterblichkeit bei Menschen, die daheim leben oder ambulant betreut werden, war demnach deutlich geringer. „Die Infektionsschutzmaßnahmen während der Pandemie reichten nicht aus, um die im Heim lebenden pflegebedürftigen Menschen ausreichend zu schützen“, erklärte Antje Schwinger, Mitherausgeberin des Reports.
Die Studienautoren weisen darauf hin, dass es unabhängig von Covid-19 auch in den Jahren zuvor Phasen mit deutlich erhöhter Sterblichkeit gegeben habe. Deshalb gelte es, „naheliegenden Ursachen wie Grippe- und Hitzewellen“ ebenfalls weiter mit Blick auf die Pflegeheimbewohner zu untersuchen.
Wie eine Angehörigenbefragung zeigt, führte die Isolation in den Heimen während der ersten Corona-Welle bei den Pflegebedürftigen zu körperlichen und psychischen Belastungen. Für 43 Prozent der Angehörigen war ein persönlicher Kontakt zu den Pflegebedürftigen zwischen März und Mai 2020 nicht möglich. 36 Prozent der Pflegebedürftigen konnten ihr Zimmer während der ersten Corona-Welle gar nicht mehr oder nur selten verlassen.
Zwei Drittel der befragten Angehörigen nahmen in der Folge eine Verschlechterung der Beweglichkeit und auch der psychischen Gesundheit bei den Älteren wahr. Mehr als 70 Prozent berichteten über häufigere Gefühle von Einsamkeit und Alleinsein bei den Pflegebedürftigen, zudem über häufigere Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit (68 Prozent), Verschlechterungen der geistigen Fitness (61 Prozent) sowie verminderte Beweglichkeit beim Gehen, Aufstehen oder Treppensteigen (56 Prozent). Befragt wurden von Ende Oktober bis Mitte November mehr als tausend Angehörige.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte, seit Pandemiebeginn ziehe sich „eine Schneise des Leidens und des Sterbens durch die Pflegeeinrichtungen“. Bis heute fehlten Konzepte, um Ketteninfektionen in Heimen professionell einzudämmen, erklärte Vorstand Eugen Brysch. Für eine vierte Infektionswelle müssten nun die nötigen Vorbereitungen getroffen werden. „Die über 45.000 Toten in der Altenpflege müssen Warnung und Auftrag sein.“