Weißer Zug, roter Streifen, flache Nase – seit nunmehr 30 Jahren rauschen die Intercity-Express-Züge (ICE) der Deutschen Bahn (DB) über die Schienen. „Wer den ICE damals das erste Mal durch die Landschaft zischen sah, der sah die Zukunft“, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Jubiläumsveranstaltung im Berliner Hauptbahnhof am Dienstag. Das Reisen im ICE sei sanft, schnell und elektrisch – „die Mobilität des 21. Jahrhunderts, bereits seit 1991 im Taktverkehr“, sagte Steinmeier.
Der Hochgeschwindigkeitszug sei „ein konkurrenzfähiges Angebot zum inländischen Flugverkehr“. Eine der Antworten auf die dringende Frage nach der Reduktion des CO2-Ausstoßes sei „mit dem ICE eigentlich schon seit 30 Jahren verfügbar“, sagte Steinmeier.
Im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung taufte Steinmeier einen ICE der 4. Generation auf den Namen „Bundesrepublik Deutschland“. Der „XXL-ICE“ bietet auf 374 Metern Länge Platz für über 900 Passagiere. Und „natürlich ist er energieeffizienter als seine Vorgänger“, sagte Steinmeier.
Auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) beglückwünschte die DB zum 30-jährigen Jubiläum. „Wir wollen nach Corona, dass die Menschen die tiefe Sehnsucht nach Freiheit und Reisen wieder ausleben“, sagte der Bundesverkehrsminister. Dafür sei aber auch der Ausbau von Trassen nötig. Bei diesem Projekt gebe es noch „Beschleunigungsbedarf“, sagte Scheuer.
In den Ausbau des Schienennetzes für den Hochgeschwindigkeitsverkehr investieren Bahn und Bund bis 2030 rund 170 Milliarden Euro. Projekte wie der Deutschland- und Europatakt sollen künftig außerdem für bessere Anschlussverbindungen sorgen und Deutschlands Schienennetz besser mit denen der europäischen Nachbarn verbinden.
Mit seinem ersten Hochgeschwindigkeitszug war Deutschland allerdings eher spät dran: Der erste Shinkansen-Zug in Japan ging bereits am 01. Oktober 1964 in Betrieb, der TGV in Frankreich fuhr erstmals im September 1981.
In Deutschland ging der erste ICE am 02. Juni 1991 auf die Schiene – unter dem Motto „Doppelt so schnell wie das Auto, halb so schnell wie das Flugzeug“. Eine Spitzengeschwindigkeit von 280 Stundenkilometern erreichte der ICE 1, für damalige Verhältnisse laut DB „revolutionär“.
1996 folgte dann die nächste ICE-Generation. Der ICE 2 ermöglichte die Kopplung zu einem Doppelzug. Mit dem neuen Jahrtausend kam auch die neue ICE-Generation auf die Gleise – der ICE 3 erreichte eine regelmäßige Spitzengeschwindigkeit von 300 Stundenkilometern. Seit 2017 rollt der ICE 4 über die deutschen Schienen – laut DB „das künftige Rückgrat des Fernverkehrs“.
Dabei gab es in der Geschichte des ICE durchaus auch Rückschläge, insbesondere das Zugunglück im niedersächsischen Eschede blieb in Erinnerung. Auf der Strecke Hannover-Hamburg entgleiste am 3. Juni 1998 der ICE 884 nach dem Bruch eines Radreifens und kollidierte mit einer Brücke – bei einer Geschwindigkeit von 200 Stundenkilometern. 101 Menschen starben, 88 wurden schwer verletzt.
„Die Erinnerung an diese Katastrophe ist tief in das Gedächtnis der Bahn und der Menschen darin eingebrannt“, sagte der Bahn-Vorstandsvorsitzende Richard Lutz am Dienstag. Das Vertrauen der Menschen sei „unsere Pflicht und unsere Verantwortung“. Mit dem Abklingen der Corona-Pandemie wolle die Bahn in den nächsten Wochen und Monaten die Menschen in Deutschland wieder zusammenbringen.
Ob das allerdings gelingt, wird wohl auch von der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) abhängen. Diese hatte die aktuellen Tarifverhandlungen mit der Bahn am Dienstag für gescheitert erklärt und Arbeitskampfmaßnahmen beschlossen. Eine Bahn-Sprecherin kritisierte die Ankündigung als „daneben und völlig unnötig“.