Die EU-Kommission wird sich eingehend mit einem umstrittenen ungarischen Gesetz beschäftigen, das „Werbung“ für Homosexualität oder Geschlechtsumwandlungen bei Minderjährigen verbietet. Sie sei „sehr besorgt über das neue Gesetz in Ungarn“, erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwochabend auf Twitter. „Wir prüfen, ob es gegen einschlägiges EU-Recht verstößt.“
Der Gesetzesentwurf war von der Fidesz-Partei des rechtsnationalistischen Regierungschefs Viktor Orban eingebracht und am Dienstag im Parlament verabschiedet worden. Bildungsprogramme zu Homosexualität oder Werbung von Großunternehmen, die sich mit Homosexuellen solidarisch erklären, sollen demnach künftig verboten werden, ebenso wie Aufklärungsbücher zu dem Thema.
Werbung von Unternehmen wie Coca-Cola, das sich 2019 für die Rechte von Homosexuellen in Ungarn eingesetzt hatte, ist laut dem neuen Gesetz künftig verboten. Auch Bücher über Homosexualität sind nicht mehr zulässig. Beliebte Filme wie „Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück“, „Harry Potter“ und „Billy Elliot“ dürfen gemäß der neuen Rechtsprechung laut dem Fernsehsender RTL Klub Ungarn nur noch spätabends mit einer Freigabe ab 18 Jahren gezeigt werden.
Kritiker sehen darin eine massive Einschränkung der Meinungsfreiheit und der Kinderrechte. „Ich glaube an ein Europa, das die Vielfalt umarmt und nicht eines, das sie vor unseren Kindern versteckt“, erklärte von der Leyen. „Niemand sollte aufgrund seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden.“
Mögliche Schritte Brüssels gegen Ungarn „werden davon abhängen, was wir finden“, sagte eine Kommissionssprecherin. Es müsse zunächst geprüft werden, „in welchen Aspekten das Gesetz die europäische Gesetzgebung, die EU-Prinzipien oder die Charta der Grundrechte respektiert oder nicht respektiert“. Sie erinnerte daran, dass die Kommission noch im November eine Strategie gegen Diskriminierung und Hassverbrechen gegen sexuelle Minderheiten vorgelegt hatte.
Ungarn war bereits im Dezember mit einem Gesetzespaket gegen Homosexuelle und andere vorgegangen, das international auf Kritik stieß. Es schreibt unter anderem vor, dass das Geburtsgeschlecht nicht geändert werden kann, und untersagt es Homosexuellen, Kinder zu adoptieren.