Der Europäische Rechnungshof hat deutliche Organisationsdefizite bei der EU-Grenzschutzbehörde Frontex kritisiert. Die Unterstützung der Mitgliedstaaten durch Frontex sei „nicht ausreichend, um illegale Einwanderung und grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen“, erklärten die Rechnungsprüfer in einem Sondergutachten am Montag. Sie äußern auch Zweifel, ob Frontex den geplanten deutlichen Ausbau auf 10.000 Grenzschützer und erweiterte Aufgaben tatsächlich umsetzen kann.
Frontex mit Sitz in Warschau ist seit 2004 für den Schutz der EU-Außengrenzen zuständig. Die Behörde erstellt Risikoanalysen und sorgt dafür, dass an allen Außengrenzen nach denselben Standards kontrolliert wird. In Ländern wie Griechenland unterstützen Frontex-Grenzschützer die Mitgliedstaaten bei der Überwachung. Als Konsequenz aus der Flüchtlingskrise soll die Behörde bis 2027 schrittweise auf 10.000 Beamte aufgestockt werden.
Die Rechnungsprüfer kritisierten in ihrem Bericht, dass Frontex beim Kampf gegen illegale Migration trotz eines Systems zum Informationsaustausch nicht in der Lage sei, „ein genaues, vollständiges oder aktuelles Lagebild an den Außengrenzen der EU zu liefern“, wie Berichterstatter Leo Brincat vor Journalisten sagte. Noch schlechter sei die Lage bei grenzüberschreitender Kriminalität. Hier gebe es gar keinen Rahmen für den Informationsaustausch.
Behörden-Präsident Klaus-Heiner Lehne sprach in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Dienstagausgabe) von einem „herausragenden Fall“ organisatorischer Defizite. Er kritisierte „Silo-Strukturen“ in der Behörde. „Die einzelnen Abteilungen tauschen Informationen nicht aus und grenzen sich gegeneinander ab.“ Lehne kritisierte aber auch die Mitgliedstaaten. Diese versorgten Frontex teils nicht ausreichend oder zu spät mit Informationen.
Kritik gab es auch an einer fehlenden Berichterstattung über die Wirksamkeit von Einsätzen und ihre Kosten. Die Behörde überprüfe nur selten ihre Arbeit. Die letzte Überprüfung von außen habe es im Jahr 2015 gegeben.
Frontex steht seit Monaten wegen der angeblichen illegalen Zurückweisung von Flüchtlingen unter Druck. Dabei ging es vor allem um Migranten, die über die Türkei und Griechenland nach Europa gelangen wollten.
Lehne kritisierte, dass Frontex „nicht ausreichend transparent“ über seine Einsätze berichte und deshalb auch „ins Gerede“ gekommen sei. Die Behörde sollte „ein eigenes Interesse an Transparenz haben“, sagte er der „FAZ“. „Und wenn das nicht funktioniert, muss man eben Maßnahmen ergreifen, etwa eine Neuorganisation.“