Nach dem Rücktrittsgesuch des Münchner Kardinals Reinhard Marx fordert CDU-Vize Julia Klöckner weitreichende Veränderungen in der katholischen Kirche. „Gerade der Umgang mit unangenehmen Themen braucht einen Neustart, sonst wird die Kirche weiter an Bedeutung verlieren“, sagte sie der „Bild am Sonntag“. „Kirche wird dann eine gute Zukunft und Zulauf haben, wenn sie sich als offene, transparente Institution zeigt, die am Puls der Zeit ist und die gesellschaftliche Debatte begleitet.“
Marx hatte am Freitag mitgeteilt, er habe den Papst um die Entbindung von seinem Bischofsamt gebeten. Die katholische Kirche sei an einem „toten Punkt“ angekommen, erklärte er zur Begründung. Er wolle mit dem Schritt zugleich „Mitverantwortung“ für die „Katastrophe des sexuellen Missbrauchs“ durch Amtsträger der Kirche übernehmen.
Sie könne verstehen, was Kardinal Marx meine, wenn er von einem „toten Punkt“ spreche, sagte dazu Klöckner, die auch Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist. „Viele Kirchenvertreter scheinen gefangen in ihren Strukturen, die Entfernung zu den Kirchenmitgliedern wird größer“, kritisierte sie.
Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, zollte Marx Respekt. „Gut, dass er als erster Kirchenführer persönlich Verantwortung für den unerträglichen Missbrauchs-Skandal übernimmt“, schrieb sie in einem Beitrag für die „Bild am Sonntag“. „Andere wie Kardinal Woelki, die Täter geschützt haben, klammern sich an ihr Amt. Bitter.“
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki wird wegen der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in seinem Erzbistum scharf kritisiert, lehnt bis heute persönliche Konsequenzen aber ab. Papst Franziskus lässt die Vorgänge in Köln mittlerweile durch eigene Abgesandte untersuchen.