Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht die Gespräche mit den USA über die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 auf einem guten Weg. Nach einem bilateralen Treffen mit US-Präsident Joe Biden am Rande des G7-Gipfels äußerte Merkel sich am Samstag zuversichtlich: „Wir sind hierbei insoweit auf einem guten Weg, als für uns beide existenziell und unabdingbar ist, dass die Ukraine auch weiterhin ein Transitpartner beim Erdgas sein muss“.
Die Kanzlerin sprach im britischen Cornwall von „guten, konstruktiven Diskussionen“, die in dieser Sache mit den USA geführt würden. Angesichts der US-Bedenken gegen das deutsch-russische Pipeline-Projekt sagte sie, es sei hier wichtig, „dass man aufeinander eingeht“. Merkel verwies auch auf ihren am 15. Juli geplanten Besuch bei Biden in Washington: „Wir werden ja bald Gelegenheit haben, länger miteinander zu sprechen.“
Der Bau der Gas-Pipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee sorgt seit Jahren für Spannungen zwischen Berlin und Washington. Die USA befürchten deswegen eine stärkere Abhängigkeit Europas von russischem Gas und wirtschaftlichen Schaden für die traditionellen Transitländer für russisches Gas, allen voran die Ukraine. Die Regierung von US-Präsident Biden hatte im vergangenen Monat dennoch beschlossen, keine weiteren Sanktionen gegen den Bau der Ostsee-Leitung zu verhängen.
US-Außenminister Antony Blinken verteidigte diese Entscheidung am Dienstag in Washington und wies darauf hin, dass Deutschland mit der Regierung in Washington zusammenarbeite, um mögliche negative Folgen im Zusammenhang mit der Ostsee-Pipeline zu vermindern. Demnach könne Berlin zum Beispiel garantieren, dass die Ukraine künftig „für viele Jahre“ Transitgebühren für Gas erhalte. Eine weitere Möglichkeit sei es, gemeinsam mit Deutschland Maßnahmen festzulegen, die automatisch ausgelöst würden, sollte Russland den Druck auf die Ukraine erhöhen.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba deutete gegenüber der „Welt“ vorsichtige Kompromissbereitschaft an. „Wenn man uns Gespräche über Kompensationen anbietet, werden wir uns das ansehen“, sagte er. Kiew werde „aber nicht unbedingt dem zustimmen, was dann vorgeschlagen wird“, fügte er hinzu.
Zugleich sagte Kuleba, er habe den Eindruck, dass die „Entschlossenheit der USA, die Ukraine zu kompensieren, falls Nord Stream 2 fertiggebaut ist, zuletzt deutlich gewachsen ist“. Für die Ukraine sei Nord Stream 2 zuallererst eine Bedrohung der Sicherheit. Deshalb solle Pipeline „als Hebel genutzt werden“, um Russland „zu einer konstruktiveren Rolle im Friedensprozess in der Ostukraine zu bewegen“, forderte der Außenminister.
Die Ostsee-Pipeline soll in weitaus größerem Umfang als bislang russisches Erdgas nach Deutschland bringen. Doch das milliardenschwere Projekt ist in Osteuropa, in der Ukraine und in den USA höchst umstritten.