Mission „Amerika ist zurück“

Flagge der USA - Bild: pednaa via Twenty20
Flagge der USA - Bild: pednaa via Twenty20

Bei seiner ersten Auslandsreise als US-Präsident hat Joe Biden ein äußerst straffes Programm – und eine Mission. Mit seiner Teilnahme in den nächsten Tagen an den Gipfeln von G7, Nato und EU, mit einer Reihe bilateraler Gespräche und nicht zuletzt bei seinem Treffen mit Russlands Staatschef Wladimir Putin in Genf will Biden der Demokratie nach westlichem Vorbild wieder mehr Gewicht verleihen.

Der US-Präsident sieht den Westen an einem entscheidenden „Wendepunkt“ – und will zu der von seinem Vorgänger Donald Trump beiseite gewischten Bündnispolitik zurückkehren. „Werden die demokratischen Bündnisse und Institutionen, die das vergangene Jahrhundert so stark geprägt haben, ihre Leistungsfähigkeit gegenüber modernen Bedrohungen und Gegnern unter Beweis stellen? Ich glaube, die Antwort ist ja. Und diese Woche haben wir in Europa die Chance, das zu beweisen“, schrieb Biden in einem Beitrag in der „Washington Post“ vor seinem Abflug nach Europa.

Nachdem Trump vier Jahre lang mit Autokraten angebändelt und Multilateralismus wie etwas Unanständiges von sich gewiesen hatte, setzt Biden wieder auf Partnerschaft. Von Freitag bis Sonntag trifft er sich im Südwesten Englands zunächst mit den G7-Staats- und Regierungschefs, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Auf dem Gipfelprogramm sieben führender Industrienationen stehen unter anderem die Bewältigung der Corona-Pandemie, Klima- und Artenschutz, aber auch die Stärkung gemeinsamer demokratischer Werte. Nach einem Besuch mit seiner Frau Jill bei der britischen Königin Elizabeth II. auf Schloss Windsor am Sonntag reist Biden dann nach Brüssel, wo er am Montag am Nato-Gipfel und am Dienstag am EU-USA-Gipfel teilnimmt.

In Genf trifft er schließlich kommenden Mittwoch Kreml-Chef Putin, den er in einem Interview als „Killer“ eingestuft hatte und mit dem es viele Streitpunkte gibt. Dass dieses Treffen den Abschluss von Bidens Europa-Tour bildet, soll ein klares Signal an Putin senden: Der US-Präsident repräsentiert nicht nur sein Land, sondern einen demokratischen Block.

„Amerika ist zurück“, ist Bidens Mantra. Die Alternative wäre die Vorherrschaft der autoritär geführten Volksrepublik China oder „Chaos“, argumentiert sein Außenminister Antony Blinken. Biden will auch das Atomabkommen mit dem Iran wiederbeleben und eine Führungsrolle im Kampf gegen den Klimawandel übernehmen.

Nachdem sein Land zunächst die eigene Versorgung mit Vakzinen über internationale Solidarität gestellt hatte und damit für Kritik sorgte, inszeniert sich Biden nun als Vorreiter bei der Unterstützung anderer Länder mit Corona-Impfstoffen und bei der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie. In diesem Sinne kündigten die USA inzwischen eine großangelegte Spendenaktion von 500 Millionen Corona-Impfdosen für 92 ärmere Länder an.

Nach den Trump-Jahren dürften die europäischen Partner Bidens Ankündigungen mit Erleichterung betrachten und ihn wohlwollend empfangen – eher frostige Atmosphäre dürfte hingegen bei der Begegnung zwischen dem US-Präsidenten und Putin herrschen. Die Erwartungen an dieses Treffen hat Washington denn auch  gedämpft: Das Ziel der US-Regierung gehe nicht darüber hinaus, die Beziehungen zu Russland „stabiler“ zu machen, erläuterte Blinken.

Washington sieht die Verlängerung des New-Start-Abrüstungsvertrags im Februar als Beispiel, wie Fortschritte erzielt werden können. Außerdem erwartet Biden vom Kreml, dass er Teheran zu Zugeständnissen beim Atomabkommen bringt. Viele Konflikte zwischen den USA und Russland werden aber kaum beigelegt werden. Biden verurteilt etwa Russlands Rolle im Ukraine-Konflikt, die russische Unterstützung für den autoritären belarussischen Staatschef Alexander Lukaschenko sowie die Inhaftierung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny.

Außerdem wirft Biden Russland Cyberattacken und Wahlkampfeinmischung vor. Und all diese Konflikte sollen bei dem Treffen in Genf nicht ausgeblendet werden. Das US-russische Verhältnis ist derzeit so schlecht, dass unsicher ist, ob Biden und Putin nach ihrem Treffen eine gemeinsame Pressekonferenz abhalten werden.

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