Nach dem Messerangriff von Würzburg mit drei Toten und sieben teilweise Schwerstverletzten bemühen sich die Behörden weiter intensiv um Klärung der Motive. Vertreter der Bundes- wie der der bayerischen Landesregierung betonten am Montag, es gebe Hinweise auf eine psychische Erkrankung des Täters sowie zusätzlich Hinweise auf islamistische Propaganda in dessen Besitz. Ob etwaiger Islamismus entscheidend gewesen sei, sei unklar, betonte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU).
Die Frage, ob der 24-jährige Verdächtige als psychisch krank oder zusätzlich auch als Terrorist einzustufen sei, lasse sich „zum gegenwärtigen Zeitpunkt so noch nicht beantworten“, sagte Herrmann am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“. In Berlin betonte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, dass eine klare Abgrenzung unter Umständen nicht möglich sei. „Das eine muss das andere nicht ausschließen“, sagte er vor Journalisten.
Der aus Somalia stammende Angreifer hatte am Freitag in der Würzburger Innenstadt drei Frauen getötet sowie zahlreiche weitere Menschen mit einem Messer attackiert, bevor er von Polizisten mit einem gezielten Schuss ins Bein gestoppt und überwältigt wurde. Passanten hatten zuvor bereits versucht, den Mann in Schach zu halten. Der Täter, der 2015 als Asylbewerber nach Deutschland kam, ist wegen Mordes und Mordversuchs in Haft.
Ob einschlägige islamistische Ausrufe des Verdächtigen während der Tat „von Bedeutung“ seien, sei unklar, sagte Herrmann im ZDF weiter. „Wir können dazu heute noch kein abschließendes Urteil abgeben.“ Von zentraler Bedeutung für die Rekonstruktion sei nun die Auswertung zweier Handys, die in der Unterkunft des 24-jährigen Somaliers beschlagnahmt wurden. Zu wem der Mann genau Kontakt hatte, könne er aktuell jedoch noch nicht sagen.
Zuvor hatte Herrmann bei „Bild live“ geäußert, vieles spreche für eine „islamistisch motivierte Tat“. In der Unterkunft des Angreifers wurde demnach „einiges gefunden, was auf islamistisches Propagandamaterial hinweisen könnte“. Außerdem habe der Täter selbst von „seinem Beitrag zum Dschihad“ gesprochen. Man müsse aber die weiteren Ermittlungen abwarten, betonte er auch dort.
Von den fünf schwerverletzten Opfern schwebte nach Angaben von Herrmann am Montag keines mehr in Lebensgefahr. Es sei aber zu befürchten, dass bei einigen „langanhaltende Schäden“ blieben, sagte er. Die Tat sei „unglaublich brutal“ gewesen.
Laut Ermittlern war der in einer Obdachlosenunterkunft lebende Verdächtige bereits vor der Bluttat mehrmals wegen verwirrten und aggressiven Verhaltens auffällig geworden und daher zweimal vorübergehend in einer psychiatrischen Klinik. Er hatte aber niemanden verletzt. Auch diese krankheitsbedingte Vorgeschichte werde derzeit eingehender beleuchtet, sagte Herrmann.
Gegen den Beschuldigten hat einem Bericht der „Welt“ zufolge vor fünfeinhalb Jahren die Staatsanwaltschaft in Chemnitz ermittelt. Demnach war er in einer Asylunterkunft in eine körperliche Auseinandersetzung geraten. Dabei soll er einen Menschen verletzt haben. Letztlich sei das Verfahren jedoch eingestellt, weil die Betroffenen den Tathergang völlig unterschiedlich dargestellt hätten.
Seibert sprach in Berlin von „fürchterlichen, niederträchtigen Morden“, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erschüttert hätten. Die Regierungschefin hoffe auf eine gründliche Aufklärung des Verbrechens. Die Ermittler würden dafür „alles“ tun.
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sicherte am Montag erneut Aufklärung zu. Zugleich warnte er im Sender „Welt“ davor, die Tat für eigene Interessen auszunutzen. Das Geschehen dürfe nicht politisch instrumentalisiert werden.
Derweil forderte die Deutsche Polizeigewerkschaft eine stärkere Beobachtung von psychisch auffälligen Asylbewerbern. Psychiatrische Kliniken müssten außerdem besser in die Lage versetzt werden, gefährliche Patienten unterzubringen, sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.