Steinmeier fordert „Haltung des Hinschauens“ bei sexuellem Missbrauch

Frank-Walter Steinmeier - Bild: Bundesregierung/Steffen Kugler
Frank-Walter Steinmeier - Bild: Bundesregierung/Steffen Kugler

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat eine „Haltung des Hinschauens“ angesichts des weiter massiven Problems des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen gefordert. „Ich wünsche mir, dass wir in unserem Land geschlossen an der Seite der vielen Menschen stehen, die in Kindheit und Jugend sexuelle Gewalt erlitten haben“, sagte Steinmeier am Mittwoch bei einer Begegnung mit dem Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen.

Der vor gut eineinhalb Jahren gestartete Nationale Rat, in dem sich zahlreiche staatliche und nichtstaatliche Spitzenakteure versammeln, verabschiedete einen Maßnahmenkatalog für einen besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen. Dieser richtet sich vor allem an die kommende Bundesregierung.

Steinmeier unterstützte die Forderungen nach mehr staatlichen Anstrengungen gegen sexuelle Gewalt. So hätten sexuelle Gewalt und Ausbeutung in den digitalen Medien „ein unvorstellbares Ausmaß erreicht“. Missbrauchsdarstellungen würden millionenfach weltweit verbreitet. „Im Corona-Jahr haben Verbreitung und Konsum solcher Bilder und Filme noch einmal stark zugenommen.“

Obwohl sich in den vergangenen Jahren viel getan habe in Politik und Gesellschaft, sei es nicht gelungen, das Ausmaß sexuellen Missbrauchs zu verringern. Die digitalen Medien wirkten da „wie ein Brandbeschleuniger“. Opfer würden in ihrem Umfeld übersehen oder eingeschüchtert und zum Schweigen gebracht, noch immer komme in Institutionen die Aufarbeitung nur schleppend voran. „Wir müssen deshalb mehr tun“, verlangte der Bundespräsident. So müssten der Austausch und die Zusammenarbeit gefördert werden.

Steinmeier nannte dabei ausdrücklich den Nationalen Rat als gutes Beispiel. Ziel der gemeinsamen Verständigung des Nationalen Rats ist nach Angaben des Gremiums, Schutz und Hilfen bei sexualisierter Gewalt und Ausbeutung zu verbessern, kindgerechte Gerichtsverfahren zu gewährleisten und die Forschung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt voranzubringen.

Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD) erklärte, es komme jetzt darauf an, dass die von den staatlichen und nichtstaatlichen Spitzenakteuren vorgeschlagenen Maßnahmen in der nächsten Legislaturperiode weiter umgesetzt würden. Von den vorgeschlagenen Maßnahmen hob sie besonders hervor, dass Gerichtsverfahren kindgerecht gestaltet werden sollten, damit Kinder und Jugendliche so wenig wie nötig erneut belastet würden.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, forderte mit Blick auf den Anstieg von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Internet, dass der nächste Bundestag und die nächste Bundesregierung eine starke Enquetekommission einsetzen sollten, die eine Grundsatzstrategie gegen sexuelle Gewalt im Netz beschließen solle. Rörig forderte auch, den vor gut eineinhalb Jahren eingesetzten Nationalen Rat als ständigen „Thinktank“ zu etablieren.

Zu der gemeinsamen Verständigung des Nationalen Rats gehört die Forderung nach einem weiteren Ausbau von Schutzkonzepten. Außerdem sollen die Systeme der Kinder- und Jugendhilfe sowie des Gesundheitswesens und der sozialen Entschädigung sich besser vernetzen, die Mitarbeiter dort sollen eine verbesserte Qualifizierung bekommen.

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